Reisetagebücher

Bernd Runde

Mit Bus, Mietwagen und Schiff die Westküste der USA und von Alaska erleben und quer durch Kanada von Vancouver an der Westküste bis nach Halifax an der Ostküste (1981-1996)

Die erste Erkundung des amerikanischen Kontinents führt uns in den Westens der USA. Auf dem Transamerika-Highway von Los Angeles über San Francisco bis nach Vancouver und durch die Rocky Mountains wieder zurück. Bei der zweiten Reise erkunden wir auf eigene Faust den 49. Bundesstaat der USA - Alaska - machen dann eine Kreuzfahrt durch die 'Inside Passage', fahren im Bus quer durch den Kontinent an die Ostküste, um den 'indian summer' in Neu-England wieder auf eigene Faust im Mietwagen zu erleben.


[Alle Fotos haben GEO-Daten]

Nationalparks im Westen der USA und in Kanada (1981)

Eine ROTEL-Reise, was ist das?

Die Fa. Rotel bietet ein besondere Art des Reisens an. Man fährt nicht allein, sondern wird gefahren, man ist in Vollpension und man hat sein Bett ständig dabei. Wie das geht? So:

Ein ROTEL-Hotelbus im Grünen Ein ROTEL-Gespann im Grünen (S8-Filmauszug) © 1981-2016 Bernd Runde

Nicht mit einem Anhänger mit Schlafabteil, wie in anderen Ländern, führt Rotel seine USA-Reisen mit einem speziell umgebauten Bus durch, in dessen hinterer Hälfte 24 Schlafkabinen eingebaut sind. Das führt letztendlich dazu, dass man in kleineren Gruppen unterwegs ist.

Alle drei (3) Tage gibt es die Koffer Alle drei (3) Tage gibt es die Koffer (S8-Filmauszug) © 1981-2016 Bernd Runde

Anreise ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten

Nach 8 Stunden Flug landen wir auf amerikanischem Boden. Leider ist der Pilot etwas zu schnell gewesen. Wir dürfen noch nicht aussteigen, weil der Zoll Mittagspause macht. Sollten wir Amerika verfehlt haben? Oder wird schon hier auf dem John-F-Kennedy-Airport unser USA-Bild zurechtgerückt? ‘Time is money’?, so’n Quatsch wird auf deutschen Schulen gelehrt, aber nicht in Amerika praktiziert. Wir stehen in glühender Sonne bei abgeschalteter ‘aircondition’ auf dem Flugfeld, bis der Zoll seine gewerkschaftlich angeordnete Mittagspause beendet hat.

Die Einreiseformalitäten verlaufen dann zügig, bis wir zum Zoll kommen. Der Zufallsgenerator hat es so beschlossen, wir müssen unser gesamtes Gepäck, vier besonders gut verschnürte Koffer bzw. Taschen, zur Zollprüfung auspacken. Hoffentlich sind das nicht ausschließlichen diese Symptome, die diesen Urlaub zum besonderen Erlebnis werden lassen.

Als wir um 20:00 Uhr Ortszeit unseren Campingplatz Anaheim in Los Angeles erreichen, sind wir insgesamt 24 Stunden unterwegs gewesen und verkriechen uns, nachdem alles Gepäck sortiert und verstaut ist, in unser Doppelschlafgemach.

Auch Erwachsene staunen im Kinderparadies Disneyland

Der erste Tag unseres Amerikaaufenthaltes führt uns ins Disneyland. Zu Fuß marschieren wir vom Campingplatz in Anaheim zum nahegelegenen Hotel Disneyland und steigen in die Einschienenbahn, die das gesamte Gelände durchquert. Innerlich sind wir sehr skeptisch, was uns Erwachsenen denn der Besuch in einem ‘Kinderparadies’ bringen soll.

Mit einem Ticketheft ausgestattet, durchstreifen wir zu Fuß und mit der Oldtimerbahn das gesamte Gelände: Fantasialand, Abenteuerland, Grenzland - amerikanische Geschichte, Märchen, amerikanische Zukunft -. Alles ist hier in einer unbeschreiblichen Perfektion nachgebildet, rekonstruiert und harmonisch miteinander verbunden.

Wir lassen uns mit einer Rakete zum Mond schießen, fahren mitten durch das Schlachtgetümmel von Piratenkriegen, genießen die geruhsame Fahrt auf einem Original-Missisippi-Dampfer und erleben die Disneyland-Parade mit all den auch uns wohlbekannten Figuren von Mickymaus bis Mary Poppins.

Nach 10 Stunden sind wir zwar abgekämpft und müde, aber noch keineswegs bereit, uns aus dem Paradies zu lösen. Wir werden am nächsten Tag auf jeden Fall noch einmal ins ‘Kinderparadies’. Abends überrascht uns noch das an jedem Sonntag stattfindende Großfeuerwerk.

Schon an diesem Tag haben wir den Eindruck, wenn die Amerikaner etwas aufziehen, dann ist es aus unserem Gesichtspunkt immer etwas größer und bombastischer, als man es mit seiner normalen Vorstellungsgabe erwartet.

Ausuferndes Los Angeles

Los Angeles ist keine Stadt wie wir sie kennen. Los Angeles ist ein Gebiet, eine Ansammlung von Städten, Städtchen und Gemeinden auf 1.200 Quadratkilometer. Ein Gebiet in dem man sich nur mit dem Auto bewegen kann, wenn man irgendwo hin will. Und so sind es auch die grandiosen Autobahnbauwerke, die in Los Angeles beeindrucken. Drei und vier, manchmal sogar sechs Etagen übereinander rollt hier der Verkehr, und zwar so dicht, dass kein Fußgänger je eine Chance hätte, lebend auf die andere Straßenseite zu gelangen.

Im Hollywood-Bowl-Freilufttheater Im Hollywood-Bowl-Freilufttheater (S8-Filmauszug) © 1981-2016 Bernd Runde

Auf unserem Programm seht zunächst der Besuch von Hollywood. Wir besichtigen die große Schüssel des Hollywood-Bowl-Freilufttheaters mit 17.300 Sitzplätzen und das Graumans Chinese Theater, in dessen Hof alle bekannten Schauspieler Fuß- und Handabdrücke, sowie ihre Autogramme in den weichen Zement der Bodenplatten gedrückt haben. Weiter geht es dann durch den Sunset Strip und einige andere palmenbestandene Avenuen im Schauspielerwohngebiet Beverly Hills.

Bevor wir Los Angeles verlassen, besuchen wir noch El Pueblo de Los Angeles, die spanische Geburtsstätte der Stadt. Hier stehen die restaurierten Gebäude der ersten Ansiedlung, aus der später ‘El Pueblo de Nuestra Senora la Reina de los Angeles de Porciuncula’ entstand. Noch heute ist dieser Stadtteil spanisch bzw. mexikanisch geprägt und Anlaufstelle für mexikanische Grenzgänger und Auswanderer.

Ein vielversprechender Name - Traumstraße

Auf dem Highway No 101 verlassen wir Los Angeles. Highway 101, das ist der amerikanische Teil der Traumstraße der Welt. Unser erste Ziel ist der alte aus dem Jahr 1786 stammende Missionsort Santa Barbara; heute Treffpunkt der High Society von Los Angeles, denen der Trubel von Santa Monica zu laut geworden ist.

Nach einer wechselvollen Geschichte, die diese 10. Missionsstation in der Kette der von Franziskanern entlang der kalifornischen Küste errichteten Missionen erlebte, ist sie heute Theologieschule und unterhält eine große Sammlung über ihre 200-jährige Geschichte. 200 Jahre sind für Kalifornien die ganze Historie, denn von dem, was davor war, ist so gut wie nichts bekannt. Vielleicht will man aber auch gar nichts darüber wissen, da es ja nicht zur amerikanischen Geschichte gehört.

Auf der Traumstraße (TransAmerikana) Auf der Traumstraße (TransAmerikana) © 1981-2016 Bernd Runde

Den gewaltigsten Eindruck vermittelt die Pazifikküste an den Stellen, wo die Traumstraße hoch über der weißen Gischt in die Steilküste gehauen und gesprengt wurde oder direkt am Abgrund entlang führt. Nur langsam verziehen sich die nächtlichen Nebelschwaden und geben den Blick auf ein phantastisches Panorama frei. Der tiefblaue Pazifik bricht sich an der felsigen Küste und den vielen vorgelagerten Inseln und Felsbrocken. Träge lümmeln auf den Inseln Seelöwen und Robben und durch die Luft gleiten Kormorane, Pelikane und andere, uns nur aus dem Zoo bekannte Vögel.

Nach einem Abstecher in den Yosemite Nationalpark (siehe hier) und zwei schönen Tagen in San Francisco (siehe hier) geht unsere Fahrt nordwärts weiter. Bei dichtem Nebel verlassen wir San Francisco über die Golden Gate Bridge. Zunächst geht es durch kalifornisches Weinbaugebiet, bis wir bei Willits den südlichen Eingang des Redwood Nationalparks erreichen.

Baumriesen im Redwood-Nationalpark Baumriesen im Redwood-Nationalpark © 1981-2016 Bernd Runde

Die Mittagstemperatur ist inzwischen auf 38°C gestiegen. Von hier bis Crescent City trägt die Straße den Namen ‘Avenue der Riesen’. Bei den Riesen handelt es sich um die Küstenredwoods, die größten noch lebenden Bäume der Erde. Ihre Höhe beträgt weit über 100 Meter. Der höchste, den man bisher gefunden hat, war 112 Meter hoch. Das Alter dieser Bäume beträgt ca. 2.200 Jahre. Leider ist das Redwoodholz ein gut geeignetes Bauholz und so werden trotz Verbots immer wieder einige dieser herrlichen majestätischen Riesen gefällt. Auch die amerikanische Sucht, alle Naturschönheiten wenigstens dem kommerziellen Tourismus zu Verfügung zu stellen, trägt nicht unbedingt zum Erhalt dieser Wunderwerke der Natur bei: Straßen werden durch die Bäume geführt, in die Wurzeln sind Geschäfte und Höhlenhäuser eingebaut.

Auch das war einmal ein riesiger Küstenredwood Auch das war einmal ein riesiger Küstenredwood © 1981-2016 Bernd Runde

Bei Crescent City verlassen wir die Küstenstraße und erreichen Oregon. Hier erinnert vieles an Europa, eine liebliche Mittelgebirgslandschaft mit sehr viel Landwirtschaft, zumindest im geschützten Gebiet zwischen Coast Range und Cascade Range.

Nach einem Abstecher zum Crater Lake Nationalpark (sieh hier) geht unsere Fahrt ohne Halt weiter über Portland nach Seattle. Seattle im äußersten Nordwesten der USA ist erst etwas älter als 100 Jahre.

Die 'Space needle' auf Seattles Weltausstellungsgelände Die ‘Space needle’ auf Seattles Weltausstellungsgelände © 1981-2016 Bernd Runde

Mit um so mehr Stolz zeigt man hier seine Errungenschaften. Ein Besuch des Weltausstellungsgeländes von 1962 lohnt sich schon allein wegen des herrlichen Ausblicks, den man von der Plattform der Space Needle auf die Stadt und die sie umgebende Landschaft hat. Während der Besuch im Aquarium keine besonderen Höhepunkte bietet, ist der Film über den Ausbruch des Mount St. Helen es um so mehr. In einem halbkugelförmigen Kino mit sphärischer Leinwand hat man das Gefühl, mitten im Krater zu sitzen, bzw. mit dem Hubschrauber in ihn hineinzufliegen, während ringsum das Inferno losbricht. Der Ausbruch des Mount St. Helen war eine Katastrophe unbeschreiblichen Ausmaßes, aber dieses Ereignis auch noch im Film festzuhalten, muss mehr als ein Abenteuer gewesen sein.

Von Seattle ist es dann nur noch ein Katzensprung von 362 Meilen zur kanadischen Grenze und nach Vancouver (siehe hier).

Wilde Bergwelt im Yosemite Nationalpark

Bei nur +3°C starten wir am frühen Morgen aus Fish Camp zum Südeingang des Yosemite Nationalparks. Hier, in 2.400 Meter Höhe, fahren wir mit dem offenen Sightseeing-Bus durch einen ausgedehnten Bestand von Riesen-Sequoias (Bäume mit bis zu 6 Metern Durchmesser) und genießen auf einer anschließenden Fußwanderung diese gewaltige Natur und die uns teilweise fremde Fauna: Bluebird [Hüttensänger] und Robin [Rotkehlchen] und die possierlichen Erdhörnchen. Inzwischen hat sich die Luft wieder so erwärmt, dass die Jacken und Pullover verstaut werden können.

Half Dome im Yosemite-Nationalpark Half Dome im Yosemite-Nationalpark © 1981-2016 Bernd Runde

Vom Glacier Point eröffnet sich ein wunderbarer Blick über die wilde Bergwelt des Parks. Hier liegen die markanten monolithischen FelsgigantenHalf Dome’ und ‘El Captain’ vor uns, von hier blickt man hinab ins Tal des Merced River und auf Yosemite Village. In der Ferne sind die Schleier einiger Wasserfälle zu sehen.

Durchs Merced River Valley, über uns strahlt die Sonne durch die Gischt des Brautschleir-Wasserfalls, erreichen wir das Touristik-Zentrum Yosemite-Village. Inzwischen hat das Thermometer 36°C erreicht. Über dem Nationalpark strahlt ein tiefblauer Himmel - Kalifornien, wie wir es erwartet haben.

Brauchtum-Präsentation im Yosemite Village Brauchtum-Präsentation im Yosemite Village © 1981-2016 Bernd Runde

In Yosemite Village ist ein kleines Indianerdorf aufgebaut, in dem Abkömmlinge der indianischen Ureinwohner Volkstänze aufführen und einen Einblick in ihre Lebensweise und Kultur geben. Einen solchen Einblick gewinnt man auch bei einem Besuch des kleinen heimatkundlichen Museums.

Der Merced River ist unser Wegbegleiter, als wir im Westen den Park verlassen und durch eine reizvolle liebliche Landschaft unser Camp in Mariposa ansteuern.

San Francisco, das Herz von Kalifornien

Zwischen der Coast Range und der Sierra Nevada liegt das kalifornische Paradies, ein klimatisch gut abgeschirmtes reiches Landschaftsgebiet mit Obst- und Weinanbau. Durch dieses Gebiet fährt man, wenn man sich von Osten her San Francisco nähert.

Über die Oakland Bay Bridge in die 'City' Über die Oakland Bay Bridge in die ‘City’ © 1981-2016 Bernd Runde

Über die Oakland Bay Bridge fahren wir in die ‘City’, wie die Einwohner von San Francisco ihre Stadt nennen. Es ist die Stadt der Städte. Uns umgibt eine herrliche Atmosphäre, in der auch Beton und Glas mit zum harmonischen Gesamtbild beitragen und es nicht zerstören.

Blick auf Alcatras vom Pier 39 Blick auf Alcatras vom Pier 39 © 1981-2016 Bernd Runde

Touristisches Zentrum der Stadt ist die ‘fishermans warf’ und dort speziell der Pier 39: Läden und Restaurants, Bootsanleger für Rundfahrten und ein Hubschrauberlandeplatz für Flüge zum Alcatras, dem der Stadt vorgelagerten Zuchthauskomplex auf einer Insel. Man hat einen schönen Blick auf die Silhouette der Stadt und die beiden die San Franzisco Bay beherrschenden Brücken ‘Oakland Bay’ und ‘Golden Gate’.

Durch die vom Pazifik hereinströmenden kalten Luftmassen bilden sich im Bereich der Golden Gate, der schmalen Zufahrt in die Bay, dichte Nebelbänke, die von der Golden Gate Bridge nur einige Meter über der Wasseroberfläche und die Spitzen der Pylone freilassen.

Golden Gate Bridge im Nebel Golden Gate Bridge im Nebel © 1981-2016 Bernd Runde

Man muss diese Stadt aber auch aus anderer Perspektive gesehen haben, um die beeindruckende Atmosphäre zu verstehen, die uns umfängt. Ob vom Gipfel des Twin Peak - die Silhouette der Stadt, umspült vom blauen Wasser der San Francisco Bay und nach Osten abgeschirmt durch die Berge der Coast Range - oder von der Spitze des höchsten Wolkenkratzerneubaus, dem PanAm-Tower - die kleineren Betonpaläste unter sich, dazwischen alte Häuser aus viktorianischer Zeit, die bunten Fassaden von Chinatown, umbrandet vom nicht abreißenden Verkehr. San Francisco hat etwas, was sich schwer ausdrücken lässt, aber man spürt es und kann es genießen. Am Besten, man lässt sich treiben, auf und ab, kreuz und quer, so wie es die Cable Car auch macht.

Die 'city' vom PanAm-Tower Die ‘city’ vom PanAm-Tower © 1981-2016 Bernd Runde

Chinatown Chinatown © 1981-2016 Bernd Runde

Auch San Francisco hat seine Historie, aber gemessen an europäischen Verhältnissen ist sie doch sehr jung. 1776 wurde die Mission Dolores gegründet, und von hier aus begann die Stadt zu wachsen. Das Missionsgebäude ist das älteste noch erhaltene Bauwerk der Stadt.

'Junge' Historie, Mission Dolores von 1776 ‘Junge’ Historie, Mission Dolores von 1776 © 1981-2016 Bernd Runde

Einen Eindruck von der Zeit vor der Kolonialisierung kann man auch heute noch gewinnen. Fährt man hinaus an die Westküste zum Cliff House und kehrt der Stadt den Rücken, dann genießt man einen Blick, wie ihn wohl auch die ersten Siedler gehabt haben müssen, als sie hierher vorstießen: Der Pazifik umspült einige Inseln und Felsklippen, auf denen sich die Seelöwen in der Sonne räkeln, von denen aus Kormorane und Pelikane zu ihren Fischfang- und Tauchmanövern starten, und auf denen das Geschrei von tausenden von Möwen das Getöse der Brandung übertönt.

Crater Lake Nationalpark

An der Stelle, wo wir heute den Crater Lake bewundern, explodierte vor 6.600 Jahren ein über 4.000 Meter hoher Vulkan und hinterließ einen riesigen Krater. Bei späteren Vulkanausbrüchen entstand der Vulkankegel, der heute als kleine Insel aus dem See ragt. Der Kratersee selbst entstand, als sich der Krater nach und nach mit Regen- und Schmelzwasser füllte. Er hat keinen Zufluss durch eine Quelle. Heute wird die verdunstende Wassermasse immer wieder durch Schmelzwasser ausgeglichen, so dass der Wasserspiegel sich kaum verändert. Im Durchschnitt fallen in dieser Region im Winter Schneemassen, die 15 Meter Höhe erreichen.

Der Crater Lake Der Crater Lake © 1981-2016 Bernd Runde

Der See gehört mit einer Tiefe von 600 Metern zu den tiefsten dieser Erde. Es bleibt uns leider wenig Zeit für Erkundungen bis zum Seeufer. Ein kurzer Rundgang durch die Ausstellung in der Rancherstation vermittelt ein Bild davon, wie der Krater entstanden sein soll. Viele Bilder zeigen die Arbeit der Ranger im Sommer und Winter.

Die Landschaft ist so einmalig mit den kahlen felsenübersäten Kraterwänden, dass man den Eindruck hat, die Lava ist gestern erst erstarrt. Einzigartig auch die vom Wind zerzausten und von Schnee und Frost strapazierten Baumriesen am Rande des Kraters. Jede Veränderung des Blickwinkels vermittelt neue Eindrücke. Immer wieder gleitet der Blick über das tiefblaue Wasser des Sees.

Hätte mir jemand vorher eine farbige Postkarte vom Crater Lake gezeigt, ich hätte sicher ‘kitschig’ gesagt. Aber hier oben, mit eigenen Augen den Postkartenblick erlebend, weiß man plötzlich, dass es keine Farbe gibt, die die Natur nicht hervorbringen kann.

Traumziel einer Kanada-Reise - Vancouver

Schaut man sich die Landkarte von Kanada an, dann ist es wirklich nur ein kleiner Zipfel im Südwesten, den wir berühren. Sechs Tage in diesem von den Rocky Mountains beherrschten Teil Kanadas, das ist reichlich wenig. Was wussten wir denn schon über Kanada? Unsere theoretischen Kenntnisse sind sehr dürftig: Weit, groß und wild, voller Wald mit Elchen und Bären.

Vom Little Mountain im Süden Vancouvers eröffnet sich uns ein weiter Blick über die Stadt und die Südhänge der im Norden angrenzenden Grouse Mountains, dann tauchen wir ein in die Metropole Britisch Columbias. Ein Bummel durch Chinatown, vorbei an den Speichern des alten Hafens, staunendes Bewundern einer alten dampfbetriebenen Standuhr und eine Pause im neuerbauten Robson Square Centre, dem Treffpunkt der einheimischen Jugend und von Touristen aus aller Welt. Das reicht dann aber auch für dieses Kanada aus Stein, Glas und Beton.

Wir wollen hinaus in die Natur. Wasser und Wald, das Kanada unserer Vorstellungen lockt. Dass wir jedoch, bevor wir die Stadt über die Lions Gate Bridge Richtung Norden verlassen, noch einige Stunden im Stanleypark, dem Naherhohlungsgebiet von Vancouvers Einwohnern, verbringen, haben wir nicht bereut. Da ist es zunächst die großartige Sammlung von Totmpfählen, die zur Erinnerung an vergangene und zum Gedenken an noch existente und lebendige indianische Kultur zusammengetragen wurde. Von hier, aus der Ferne, hat auch die Skyline der Stadt wieder eine besondere Ausstrahlung, wenn die Hochhäuser in der schräg stehenden Abendsonne weiß über das tiefblaue Wasser herüberstrahlen.

Totempfähle im Stanleypark Totempfähle im Stanleypark © 1981-2016 Bernd Runde

Am Ufer des Capilano River zwischen tausenden rundgeschliffener Steine, ehemals Felsbrocken, die die Kraft des reißenden Flusses so lange aneinander gerieben hat, bis sie ihre heutige Kugelform annahmen, genießen wir die letzten Strahlen der untergehenden Sonne.

Die kanadischen Rocky Mountains

Es dauert schon eine Weile, bis wir am nächsten Morgen den urbanen Bereich Vancouvers hinter uns lassen und auf dem Transkanada-Highway, der Nationalstraße Nr. 1, gen Osten streben. Dort, wo der Fluss von Norden kommend einen scharfen Knick macht, um westwärts dem Pazifik zuzustreben, liegt die alte Goldgräbersiedlung Hope. Heute ein verschlafenes Nest. Das Tal des Fraser River wird immer enger. Kurzer Aufenthalt in Hell’s Gate, der engen Schlucht des Fraser River. Mittagspause in einer Berliner Kneipe in Boston Bar. Durchs Tal des Thompson River und des Bonaparte River erreichen wir um 15:00 Uhr Cache Creek. Im Swimmingpool klingt der Tag aus.

Am 13.August ist um 07:45 Uhr Abfahrt. Weiter durchs Thompson River-Tal, am Kamloopssee vorbei hinein in die Rocky Mountains. Während unserer Mittagspause in Blue River grüßt von weitem der Hallem Peak. Es geht vorbei am Mount Robson (3.954 m) und dem Moose Lake. Um 17:30 Uhr erreichen wir den Whistlers Campground inmitten der herrlichen Bergwelt südlich von Jasper. Wir sind allein auf dem Camp. Um uns herum spielen die possierlichen Präriehunde. Uns erfasst eine gewisse Unruhe, denn überall stehen Hinweistafeln, die vor Bären warnen. Leider bekommen wir keinen zu Gesicht.

Tosende Athabasca-Fälle Tosende Athabasca-Fälle © 1981-2016 Bernd Runde

14.August 1981. Die Gletscherstraße der Rockies. Besuch der tosenden Athabasca-Fälle, Stoutfiel-Gletscher, zum Athabasca-Gletscher im Columdia Ice Field. Wir verzichten aufs Mittagessen und genießen die beeindruckende Landschaft.

Athabasca-Gletscher (Columbia Ice Field) Athabasca-Gletscher (Columbia Ice Field) © 1981-2016 Bernd Runde

Vorbei an Bow-Gletscher und Bow Lake. Victoria-Gletscher und Lake Louise bilden eine gewaltige Kulisse. Warum haben wir nur so wenig Zeit? Vorbei am Mount Eisenhower fahren wir nach Banff und genießen einen hochsommerlichen Abend in einer typischen kanadischen Kleinstadt, ehe wir unser Camp “Tunnel Mountain” in wilder Natur aufsuchen.

Beeindruckendes Panorama am Lake Louise Beeindruckendes Panorama am Lake Louise © 1981-2016 Bernd Runde

Von 08:45 Uhr bis 13:30 Uhr strolchen wir am 15.08.1981 (Sonnabend) auf dem Sulphur Mountain, dem Hausberg von Banff herum und genießen die Einsamkeit und die einmalige Aussicht auf die Bergwelt ringsum. Mit einem saftigen Steak zum Mittag geht der Aufenthalt in Banff zu Ende.

Blick vom Sulphur Mountain auf Banff Blick vom Sulphur Mountain auf Banff © 1981-2016 Bernd Runde

Bei unserer Ankunft in Calgary bleibt noch Zeit für einen Museumsbesuch. Mit Stolz zeigen die Menschen hier die Entstehung und den Aufschwung ihrer Stadt. Ein imposantes Gewitter zieht über die Prärie und überschüttet uns mit einem einstündigen Sommerregen.

Sonntag den 16.August 1981. Besuch im Zoo, der mit einem prähistorischen Freilandmuseum kombiniert ist. Mittagspause auf dem Calgary Tower mit weitem Blick über die ultramoderne, aber heute am Sonntag menschenleere Stadt. Besuch im Indianer-Museum.

Blick vom Calgary Tower Blick vom Calgary Tower © 1981-2016 Bernd Runde

Durch die weiten Prärien Albertas geht’s südwärts. In Fort McLoed kommen wir gerade rechtzeitig zum Auszug der berittenen ‘Rotjacken’. Bei Carway passieren wir wieder die Grenze in die USA.

Zurück in die USA

Pause am McDonald-See in wilder einsamer Landschaft. Auf der #93 vorbei am Flathead Lake nach Missoula. In St. Mary beschließen wir den Tag gemütlich am Lagerfeuer.

Alles ist hier größer - auch die Murmeltiere Alles ist hier größer - auch die Murmeltiere © 1981-2016 Bernd Runde

Den Glacierpark durchqueren wir in ‘topless’-oldtimer-Bussen von 1936. Eine einmalige Gebirgswelt erwartet uns. Rising-sun-point, going-to-the-sun-point direkt am St. Mary Lake und dann hinauf zum Loganpass mit Blick auf die Berge Reynolds und Clements.

Alte Kupfermine in Butte Alte Kupfermine in Butte © 1981-2016 Bernd Runde

Über Butte, staunend stehen wir am Rande des Loches eines der größten Kupfertagebaus und besuchen ein historisches Bergbau-Dorf (Freiluftmuseum), fahren wir durch Montana und erreichen bei Livingston das Tal des Yellowstone River .

Nach dem Besuch des Yellowstone Nationalparks (siehe hier) setzen wir die Tour weiter gen Süden fort. Über dem Grand Teton Nationalpark tobt ein gewaltiges Gewitter, der Himmel wird schwarz, Blitze zucken - ein noch nie erlebtes Schauspiel - , als wir am Jackson Lake nach Jackson fahren. Kleine Stadtrundfahrt und Besuch des Straßentheaters ‘Teton Pete’ schließen sich an. Den Abend verbringen wir in einer Rancher-Bar.

Gewitter über dem Grand Teton Nationalpark Gewitter über dem Grand Teton Nationalpark © 1981-2016 Bernd Runde

Um 07:10 Uhr verlassen wir bei strömendem Regen ohne Frühstück Jackson. Wir sind schon kurz vor Afton, als der Himmel um 08:20 Uhr aufklart und wir unsere Frühstückspause machen. Vor dem Mittag baden wir im Bear Lake - kristallklares Wasser in idyllischer Landschaft -, ehe es über Logan und Ogden nach Salt Lake City weiter geht.

Orgel im Tabernakel der Mormonen Orgel im Tabernakel der Mormonen © 1981-2016 Bernd Runde

1,5 Stunden besuchen wir den Tempelbezirk, das Tabernakel und das Informationszentrum der Mormonen.

Ohne weitere Aufenthalte geht’s fünf (5) Stunden südwärts. Unser Ziel: Der Bryce Canyon Nationalpark (siehe hier). Am 23.08.1981 verlassen wir den Bryce Canyon wieder. Als wir mittags Wahweap am Lake Powell erreichen, werden die Uhren schon wieder verstellt, 1 Stunde zurück, da Arizona keine Sommerzeit hat. Zwei (2) Stunden fahren wir mit dem Motorboot durch die wilden Canyons des aufgestauten Colorado. Die Schluchten werden stellenweise so eng, dass das Boot kaum wenden kann.

Vor dem Abendessen wird noch ausgiebig im kristallklaren Wasser geschwommen. Am 24.08.1981 besichtigen wir das Kraftwerk am Glen Canyon Dam. Bei einem kurzen Stop in Page werden die Küchenvorräte der Bordküche aufgefüllt, dann geht’s weiter. Wir durchqueren das Navajo-Reservat auf dem Colorado-Plateau. In der Ferne sieht man einen Riss im Plateau, den Einschnitt des Colorado-Canyons. Hinter Cameron machen wir in wilder Landschaft Mittagsrast, besuchen einen Navajo-Schmuckverkaufs-Markt mit wunderschönem handgearbeiteten Schmuck der Indianer, und starren hinab in die Schlucht des Little Colorado. Am frühen Nachmittag erreichen wir den nächsten Höhepunkt dieser Reise, den Grand Canyon Nationalpark (siehe hier).

Brodelnde Hexenküche Yellowstone Nationalpark

In Gardiner, vor dem Nordeingang des Yellowstone Nationalparks, beziehen wir unser Camp für den Start zur Besichtigung eines der grandiosesten Naturschauspiele der USA.

19.08.1981. Ein ganzer Tag im Yellowstone Nationalpark, diesem kochenden, brodelndem und in allen Farben des Regenbogens schillerndem Inferno. Inmitten dieser gewaltigen Natur Bisonherden und Elche.

Man könnte glauben, dabei zu sein, wie die Erde entsteht. Unsere Stationen: Mammouth Hot Springs, Obsidian Cliff, Roaring Mountain, Noris Geysir Basin, Yellowstone Canyon, Mud Vulcano, Hayden Valley, Tower Roosevelt.

Elche am Yellowstone River Elche am Yellowstone River © 1981-2016 Bernd Runde

Der nächste Tag beginnt auch wieder im Yellowstone Nationalpark. Auf dem Weg zum Old Faithful machen wir Station bei den Gibbon Falls, am Fountain Paint Point, am Midway Geysir und am Black Sand Basin.

Farbenprächtige Sinter-Terrassen Farbenprächtige Sinter-Terrassen © 1981-2016 Bernd Runde

Als dann der Old Faithful 40-60 Meter hoch vor uns emporschießt, sind wir überrascht, dass es nach all den Naturgewalten noch etwas gibt, was uns fasziniert. Den Rest des Vormittags verbringen wir im Upper Geysir Basin (Castle Geysir, Giantess Geysir, China Spring, Blue Bird Spring). Am Yellostonesee mit dem West Thumb Gebiet entlang fahren wir weiter und verlassen den Park um 15:20 Uhr am Südausgang.

Pittoreske Gebirgswelt im Bryce Canyon Nationalpark

Sonnabend 22.August 1982. Nachdem wir den Red Canyon passiert haben, machen wir Station im Forsters Family Steak House und passieren um 14:00 Uhr den Eingang zum Bryce Canyon Nationalpark. 3 34 Stunden fahren und laufen wir von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt. Mit jedem Schritt ändert sich die Aussicht und der Anblick dieser bizarren Steingebilde. Unsere Stationen: Natural Bridge, Fairview Point, Bryce Point, Paria View, Inspiration Point, Sunset Point, Sunrise Point.

Einzigartige Felsformationen füllen einen Talkessel im Bryce Canyon Einzigartige Felsformationen füllen einen Talkessel im Bryce Canyon © 1981-2016 Bernd Runde

Unseren herrlich im Grünen an einem Seeufer gelegenen Campingplatz verlassen wir heute Abend, um uns beim Rodeo amerikanische Lebensart näher zu bringen.

Bryce Canyon - eine beeindruckende Kulisse Bryce Canyon - eine beeindruckende Kulisse © 1981-2016 Bernd Runde

23.08.1981. Nur +6°C haben wir um 07:00 Uhr beim Frühstück. Als wir nach 1,5 Stunden Wanderung durch den Canyon bei Temperaturen um 35°C unsere Fahrt um 10:00 Uhr fortsetzen, haben wir Eindrücke in uns aufgenommen, die wohl nur ein Dichter in die richtigen Worte kleiden kann.

Die Faszination eines Gewitters Die Faszination eines Gewitters © 1981-2016 Bernd Runde

Grand Canyon Nationalpark, die Hinterlassenschaften des Colorado River

Um 14:00 Uhr am 24.08.1981 erreichen wir Desert View und sind berauscht vom Anblick dieser Landschaft. Vor uns liegt die gewaltige Kulisse des vom Colorado in 2,5 bis 10 Millionen Jahren ins Gestein gesägten Canyons.

Grand Canyon - vom Pima Point aus gesehen Grand Canyon - vom Pima Point aus gesehen © 1981-2016 Bernd Runde

3 12 Stunden benötigen wir von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt, bis wir Grand Canyon Village erreichen. Hier strolchen wir noch 1 Stunde durchs Gelände und berauschen uns am Sonnenuntergang mit seinem Farbenspiel im Gestein der Canyonwände. Unsere Stationen: Desert View, Lipan Point, Moran Point, Grandview Point, Yaki Point, Mather Point, Yarapai Point. Unser Camp “Ten-X” liegt in Tusayan. Unsere Abendbrot-Pizza hat 15” Durchmesser.

Dienstag den 25.08.1981. Schon um 06:40 Uhr bringen wir einen Teil der Gruppe zum Bright Angel Trail, die wollen ‘runter zum Fluss. Wir sind um 07:40 Uhr am Flughafen. 50 Minuten dauert der Flug durch den Canyon - eine knappe Stunde vollgepackt mit Eindrücken vom Antlitz der Erde, wie man sie wohl sonst nirgends zu sehen bekommt.

Ein Flug durch die Schluchten des Gran Canyon Ein Flug durch die Schluchten des Gran Canyon © 1981-2016 Bernd Runde

Danach fahren wir zurück ins Dorf, nehmen den kostenlosen Shuttlebus nach Hermits Rest und beginnen dort eine vier-stündige Fußwanderung entlang der Rim. Am Hopi Point machen wir schlapp. Vier (4) Stunden bei 40°C im Schatten, ohne einen Tropfen zu trinken, dass sind genug der Qualen, da lenkt dann auch kein noch so romantischer Talblick mehr ab.

Blick von der Rim hinunter ins Colorado-Tal Blick von der Rim hinunter ins Colorado-Tal © 1981-2016 Bernd Runde

Nach einem längeren Aufenthalt im Canyon Village fahren wir noch 1,5 Stunden bis Ash Fork. Ankunft 18:00 Uhr.

Über Las Vegas zurück nach Los Angeles

Es ist der 26.08.1981, über Kingman - mit einer kurzen shopping-Pause - erreichen wir den Hoover-Damm (früher Boulder-Damm) am Lake Mead und passieren danach die Grenze nach Nevada. 43°C zeigt das Thermometer im Schatten (!), als wir bei einem Stopp in Boulder City unsere Mittagspause einlegen und den 1. Spielsalon besuchen.

Auch in Las Vegas herrschen solche Temperaturen und so tummeln wir uns zunächst drei (3) Stunden im Swimmingpool des Stardust-Campingplatzes, bevor wir um 18:00 Uhr zur Stadtrundfahrt aufbrechen. Für 3,05 $ Eintritt gibt es im Mint Abendessen satt. Bis 21:30 Uhr wird dann gespielt, zuerst am ‘Einarmigen Banditen’ und anschließend Black Jack. Bevor es zurück geht, machen wir noch einen Bummel durch die taghell erleuchtete City. Die Temperaturen sind so unerträglich wie am Tag und die ganze Stadt wird durch die Beleuchtung noch zusätzlich aufgeheizt.

Taghell ist die Nacht in Las Vegas Taghell ist die Nacht in Las Vegas © 1981-2016 Bernd Runde

Auch uns hält diese Stadt gefangen und so ziehen wir noch einmal los und lassen uns durch die Spiel- und Vergnügungssäle von Stardust und Circus-Circus treiben. Um 00:30 Uhr kriechen wir in unsere Koje.

Etwas später als sonst, es ist 09:45 Uhr, brechen wir am Donnerstag den 27.08.1981 auf. In der Mojave-Wüste, kurz hinter Baker, besuchen wir die wieder aufgebaute Silberminen-Siedlung Calico. Nach einem Rundgang verziehen wir uns bald in Lil’s Saloon, denn bei 65°C in der Sonne lockt ein kühles Bier mit ‘pickles’. Um 17:00 Uhr erreichen wir den Ausgangspunkt unserer Reise: Los Angeles/Anaheim. Ein Gläschen Wein beschließt den Abend.

Bei 'pickles' und Bier in Lil's Saloon Bei ‘pickles’ und Bier in Lil’s Saloon © 1981-2016 Bernd Runde

Der 28.August 1981, unser letzter USA-Tag, ist wegen einiger Programmänderungen während der Reise völlig programmlos. Wir lassen uns nach Laguna Beach fahren. Endlich Wasser, Brandung, schwimmen. Im klaren Pazifikwasser tauchen Kormorane, am Strand stelzen Reiher und die Brandung rollt sanft auf den weißen Strand. Ein Urlaubsparadies.

Eine interessante Reisealternative - der Rotel-Bus Eine interessante Reisealternative - der Rotel-Bus © 1981-2016 Bernd Runde

Am Nachmittag ist großes Packen. Am Abend gehen wir zum obligatorischen ROTEL-Abschiedsessen.

29./30.August 1981: 07:20 Uhr Abfahrt, 10:00 Uhr Abflug, Zwischenlandung in New York, Bummelstreik, 23:45 Uhr ab New York, 13:00 Uhr Ankunft Frankfurt, 16:00 Uhr zu Hause.
Fahrer: Erwin Schöner, Reiseleiter: Siegfried Koch


In 4 Etappen zwei Monate lang unterwegs in Alaska und Kanada (1996)

16.089 Kilometer (+ Schiff) durch Nord-Amerika

Anreise mit Hindernissen

15-Tage-Rundreise ‘Alaska/Yukon’ im Mietwagen

Daten ‘Alaska/Yukon’ (2.432 Meilen = 3.914 km)

Unsere Reiseunterlagen werden uns im Hotel übergeben, sie wurden per Post zugeschickt.

Auf eigene Faust durch den 49. Bundesstaat der USA

Über 20 Stunden waren wir unterwegs, als wir nach Mitternacht, also schon am 29.Juli, in Anchorage landen. Zweimal mussten wir umsteigen, in Cincinatti und in Salt Lake City, ehe wir unser diesjähriges Reiseziel Alaska erreichen. Insgesamt um 10 Stunden wurden die Uhren zurückgedreht. Das ist der schiere Wahnsinn. Es dauert ein Weilchen, bis wir ein Taxi erwischen. Am Airport herrscht Betrieb, wie zur Hauptferienreisezeit in Düsseldorf. Es folgen 10 Stunden erquickender Tiefschlaf.

Zur Einstimmung bummeln wir in Anchorage die 5th Avenue hinunter bis zum Meer. Danach müssen wir noch einmal ein Taxi auftreiben, einen Hotel- oder Shuttlebus zum Flughafen gibt es nicht. Die Abfertigung beim Autovermieter läuft reibungslos, wenn man davon absieht, dass der Vertrag einige Klauseln enthält, die mit unserer Buchung nicht in Einklang zu bringen sind. So müssen wir u. a. unterschreiben, dass wir den Taylor Highway, Teil unserer gebuchten Strecke, nicht befahren dürfen, und die Zeit für die Rückgabe lautet 09:00 Uhr und nicht 16:00 Uhr. Keine Lust zu langen Diskussionen, das ist ein Fall für unser Reisebüro.

Mit einem nagelneuen Minicar (Tacho 9.100 Meilen) machen wir uns auf den Weg zu einem kleinen Tagesausflug Richtung Süden. Es ist bedeckt, ab und zu fällt ein kurzer Regenschauer. Die Fahrt entlang dem Cook Inlet ist genau das Richtige, um sich auf eine faszinierende Landschaft einzustimmen. Hohe dunkle Berge rahmen die Bucht ein, von weitem blinken Schneefelder und Gletscher in der immer wieder durch die schnell dahintreibenden Wolken blinzelnde Sonne.

Eisberge auf dem Portage See Eisberge auf dem Portage See © 1996-2017 Bernd Runde

Bei Portage biegen wir in das gleichnamige Tal ab. Bald stehen wir am Fuß des ersten Gletschers. Vom Williwaw Campground machen wir einen kleinen Bummel in Richtung Middle Glacier. Bevor wir das Visitor Centre am Portage See erreichen, stoppen wir noch einmal am Byron Glacier. Auf dem See treiben kleine und größere Eisberge, die ständig von dem leider verdeckten bis in den See reichenden Portage Gletscher stammen. Einen herrlichen Blick hat man vom See auf den Shakespeare Glacier. In der Portage Glacier Lodge kehren wir zum Lunch ein.

Bevor wir uns noch einen kleinen Nachmittagsschlaf gönnen, decken wir uns zunächst mit dem notwendigsten Reiseproviant für den nächsten Tag ein. Carlos Freund, John Hanack, den wir anrufen, empfiehlt als Spezialitäten-Restaurant das „Sea Galley”. Heute fahren wir jedoch zunächst ins „Gwennies”, wo wir uns in uriger Atmosphäre Kingscrabs und Fisherman’s Platter zu Gemüte führen. Meilen: 132

Es hat die ganze Nacht über heftig gegossen. Um 07:00 Uhr sind wir schon beim Frühstück. Unsere Tour nordwärts beginnen wir um 08:45 Uhr. Wolkenverhangener Himmel und Dauerregen versperren die Sicht auf die Alaska Range. Der vorzüglich ausgebaute Highway führt durch eine abwechslungsreiche Landschaft. Niedrig wachsende Laubbäume, meistens Birken, und dichtes Buschwerk aus dem schlanke Fichten ragen, wechseln sich mit Hochmooren und Tundra ab. Blinkende Seen und Flüsse lockern das Bild auf. Als wir den Nenana River erreichen, klart es auf und die Sonne wärmt uns durch. Eine willkommene Abwechslung nach dem doch eher trüben Eindruck, den Alaska bisher auf uns gemacht hat.

Unser Quartier, die „Denali Cabins”, erreichen wir um 14:45 Uhr. Es befindet sich 8 Meilen vor dem offiziellen Eingang zum Nationalpark. Nachdem wir die Anmeldeformalitäten hinter uns gebracht haben, können wir unsere Hütte beziehen. Dann brechen wir bei Sonnenschein zum Visitor Centre auf, um Einzelheiten über die morgige Tour in den Park zu erfahren. Dort gießt es in Strömen. Es erscheint unglaublich, aber zurückgekehrt sitzen wir bei Kaffee und Tee im Sonnenschein vor unserer Hütte.

Unwahrscheinlich kommt uns der erste Stopp an einer Tankstelle vor. Für 170 Meilen haben wir 4,6 Gallonen verbraucht, die wir für 6,22 US$ nachtanken. Nach etwas Kopfrechnen ist es klar, unser Auto verbraucht ganze 7,6 l pro 100 km und 1 Liter ‘regular’ kostet 45 Pfennig. Meilen: 254

So verrückt ist man wohl nur im Urlaub. Wir sind schon eine Stunde auf den Beinen, als wir um 05:00 Uhr im 8 Meilen entfernten Hotel beim Frühstück sitzen. Der Fahrer des Busses #6 ist Kevin. Pünktlich starten wir um 06:40 Uhr. 54 Meilen geht die Fahrt ins Innere des Denali Nationalparks. Es ist eine herbe, aber unglaublich schöne Landschaft. Nach jeder Kurve öffnet sich ein neues Panorama. Durch die Täler ziehen vereinzelte Karibous, auf einer entfernten Lichtung, nur mit dem Feldstecher auszumachen, äsen zwei Elche und hoch in den Bergen leuchten wie kleine Schneereste die weißen Dallschafe. Lange müssen wir nicht suchen, dann sind auch die ersten Grizzlys ausgemacht.

Grizzly-Mutter mit Nachwuchs Grizzly-Mutter mit Nachwuchs © 1996-2017 Bernd Runde

Wir haben Glück, es ist warm und trocken, so dass die Bären nach der feuchten Nacht ihre Verstecke verlassen und auf Nahrungssuche durch die Gegend trotten. Zum Greifen nahe kreuzt eine Bärin mit ihrem Jungen die Straße. Auf der Rückfahrt reißen plötzlich sogar die Wolken über den hohen Bergen in der Ferne auf und aus 65 Meilen Entfernung sehen wir das eisige Massiv des Mount McKinley (6.190 m) für einige Augenblicke hervorleuchten. Eine rundum gelungene Tour. Meilen: 44

Der höchste Berg der USA in Wolken Der höchste Berg der USA in Wolken © 1996-2017 Bernd Runde

Wieder fahren wir zum Frühstück ins Denalipark Hotel, ehe es um 07:45 Uhr weitergeht. Schon nach wenigen Meilen liegen die Alaska Ranges, in denen sich die schwarzen Wolken bedrohlich auftürmen, hinter uns. Die flache Tundra Zentralalaskas öffnet sich wieder mit ihren dichten Birken- und Erlenbeständen.

Nenanas alter Bahnhof Nenanas alter Bahnhof © 1996-2017 Bernd Runde

In Nenana, am Zusammenfluss des Nenana und des Tanana River, legen wir einen kurzen Aufenthalt ein. Dieses kleine Dorf strahlt die typische Pionieratmosphäre aus. Die einzige direkt auf den Bahnhof zuführende Straße wird von niedrigen bunten Holzhäuser gesäumt. Am Flussufer stehen riesige hölzerne Tripoden, Relikte aus der Zeit der großen ‘Eiswetten’. In einer einfachen Holzfällerhütte, der Nenana Inn, kehren wir zu Kaffee und Kuchen ein.

'Zentralgefängnis' aus der Pionierzeit in Nenana ‘Zentralgefängnis’ aus der Pionierzeit in Nenana © 1996-2017 Bernd Runde

Die Eiswette war eins der größten lokalen Feste am Nenana River. Alljährlich im Frühjahr konnte man Wetten auf den Tag und die Stunde des Aufbrechens der Eisdecke des Flusses abgeben, wobei das Abdriften eines auf dem Eis plazierten Tripods dieses Ereignis ankündigte. Dann begann ein neues Jahr nach den langen Winternächten.

Ein Tripod aus der Zeit der Nenana-Eiswette Ein Tripod aus der Zeit der Nenana-Eiswette © 1996-2017 Bernd Runde

Am Nenana River entlang, mit wunderbaren Blicken in das weite Tal des Flusses, führt uns der Weg weiter bis Fairbanks. Lange müssen wir, trotz Stadtplan, suchen, ehe wir endlich den richtigen Schleichweg zum Hotel finden. Leider müssen wir das romantisch am Chena River direkt an einer Flussschleife gelegene Hotel wieder verlassen. Unsere Unterlagen wurden noch einmal geändert, was wir nicht wussten. Wir steigen im Westmark direkt in der Stadt ab. Der anschließende Stadtbummel findet bei Regen statt. Das urige Restaurant, in dem wir zum Abendessen einkehren, könnte wirklich noch aus dem vorigen Jahrhundert stammen. Es trägt bezeichnenderweise den Namen von Soapy Smith, einem der übelsten Gangster der Jahrhundertwende. Meilen: 148

Wieder in aller Frühe, 07:30 Uhr, verlassen wir mit Fairbanks den nördlichsten Punkt unserer Reise. Durch weiterhin dicht bewaldetes Gebiet folgen wir dem Tanana River nach Süden. Der breite, träge dahin strömende Fluss teilt sich in zig Arme und schlängelt sich durch zahlreiche Sandbänke, auf denen sich das Treibholz sammelt. Zur Schneeschmelze müssen die Wassermassen ganze Wälder den Fluss hinabtreiben.

Am Tanana River Am Tanana River © 1996-2017 Bernd Runde

Zum leider immer noch trüben und regnerischen Wetter gesellen sich bei mir unerträgliche Zahnschmerzen. So machen wir unsere nächste Einkehr im ‘Medical Centre’ von Delta Junction. Nach zwei Stunden ziehe ich mit drei Röhrchen handgefertigter Entzündungshemm- bzw. Schmerztabletten wieder von dannen. Der Urlaub kann weitergehen. Eine Vermittlung zum Zahnarzt hat leider nicht geklappt, es ist Freitagmittag und das Wochenende steht vor der Tür, da gehen auch die Zahnärzte zum Fischen.

Als wir Tok erreichen, sind wir endlich in der ersehnten Einsamkeit und Abgeschiedenheit des amerikanischen Nordens. Hier beginnt die Welt sich wirklich erst ganz allmählich zu etablieren. Das Hotel besteht aus aneinandergereihten und gestapelten Wohncontainern, in denen früher die Baukolonnen und Armee-Pioniere untergebracht waren, die den Alaska-Highway bauten. Meilen: 213

Baustelle am Taylor Highway Baustelle am Taylor Highway © 1996-2017 Bernd Runde

Die vor uns liegende kurze Tagesetappe veranlasst uns, erst um 08:40 Uhr aufzubrechen. Kurz hinter Tok biegen wir nach Osten auf den Taylor Highway ab. Wir sind so richtig in unserem Element. Der unbefestigte Highway vermittelt endlich das Gefühl, wieder abseits ausgetretener Pfade unterwegs zu sein. Weit hinaus ins Land geht der Blick von der auf dem Kamm eines Gebirgszuges entlangführenden Straße. Es ist der erste Tag mit prächtigem Wetter und in der klaren Luft herrscht eine unbeschreibliche Fernsicht. Über den dunklen Wäldern türmen sich phantastische Wolkengebilde. Mitten in der Einsamkeit eine kleine Zoll- und Grenzstation. Um 13:15 Uhr passieren wir die Grenze nach Yukon/Kanada.

Auf dem Taylor Highway Richtung Yukon/Kanada Auf dem Taylor Highway Richtung Yukon/Kanada © 1996-2017 Bernd Runde

Gegen Mittag tauchen die ersten Spuren einer menschlichen Besiedelung auf. Ein paar alte Hütten, eine zur Snackbar umgebaute Blockhütte. Am Rande des Klondikegebietes erreichen wir ein altes Goldgräbercamp. Auf der Karte heißt der Ort Chicken. Im Tal des South Fork River fahren wir durch ein Gebiet, das man als Inbegriff menschlicher Zerstörungswut betrachten könnte. Kein Stein liegt mehr an der Stelle, wo die Natur ihn einst platziert hat. Ganze Flusstäler sind angefüllt mit Steinhalden und Schuttbergen. Wenn man die alten rostigen Überreste von Schaufelbaggern, Schüttelrinnen und Förderbändern sieht, weiß man, was sich hier abgespielt hat. Wir sind mitten im Gebiet, das vom Goldrausch des vorigen Jahrhunderts heimgesucht wurde.

Alte Goldgräber-Mine bei Chicken Alte Goldgräber-Mine bei Chicken © 1996-2017 Bernd Runde

Wir verlassen Alaska für einen Abstecher nach Kanada Wir verlassen Alaska für einen Abstecher nach Kanada © 1996-2017 Bernd Runde

Mit diesem Goldrausch verbindet sich ein Name - der Yukon -. Seine ungeheuren lehmig-gelben Wassermassen prägen den schnell dahin strömenden Fluss, den wir am frühen Nachmittag erreichen. In einer Flussbiegung, am Fuße eines bewaldeten Berges leuchten die bunten Häuser einer kleinen Siedlung - Dawson City -. Nach kurzer Wartezeit bringt uns eine kleine Fähre um 15:30 Uhr, wir fühlen uns wie auf einem Holzfloß der Pionierzeit, ans andere Ufer und damit in die Stadt.

In einer Schleife des Yukon liegt Dawson City In einer Schleife des Yukon liegt Dawson City © 1996-2017 Bernd Runde

Goldgräberstimmung herrscht aber immer noch in Dawson City. Unser vor einem halben Jahr gebuchtes Hotel hat kein Zimmer mehr frei. ‘Completly overbooked’ ist die einfache Erklärung. Aber man hat schon Ersatz, zwei Blocks weiter, im ‘Midnight Sun’ erwarte man uns. Das es ein Hotel ist, kann man auf dem Schild an der Hauswand lesen, mehr deutet auf seine Funktion nicht hin. Nur spärlich wird das Sonnenlicht von den staubigen Fensterscheiben reflektiert. Von der Holzfassade blättern die letzte 1906 aufgebrachte Farbe ab. Aus dem Saloon im Erdgeschoss ertönt schrille Musik und Gegröle. Soviel Abenteuer ist uns zu viel und natürlich zu teuer bezahlt.

Nach heftiger Reklamation mit der Androhung vor dem Tresen der Rezeption zu nächtigen im ursprünglich gebuchten Hotel ist dort plötzlich ein Zimmer frei, und ein ansprechendes und fertig aufgeräumtes dazu. Vor dem Abendessen bummeln wir noch etwas durch den Ort, wohl auch, um wieder zurück in die richtige Urlaubsstimmung zu kommen. In zünftiger Umgebung sitzen wir dann im ‘Marinas’ gegenüber von unserem Hotel bei einem deftigen Essen und einem Bier aus heimischer Brauerei. Meilen: 189

Dawson City im Aufbruch Dawson City im Aufbruch © 1996-2017 Bernd Runde

Das ist ja eine Fummelei mit den Uhren. In Yukon gilt Pacific Time, also wieder 1 Stunde vorstellen. In Dawson City läuft der zweite ‘goldrush’. Die Restaurierung der alten Goldgräbersiedlung dient nur dem einem Zweck - ran an die Touristendollars -.

Wir sind den ganzen Tag über kreuz und quer durch die alte ‘goldtown’ unterwegs. Die Sonne stahlt von einem azurblauen Himmel. Alles hier wirkt wie eine Filmkulisse, dabei ist es original aus der Zeit um 1900. Hölzernen Bürgersteige verbinden alle Häuser miteinander. Die Straßen liegen teilweise einen halben Meter tiefer, weil sie bei jedem Regen tiefer ausgespült werden. Sie sind nicht gepflastert, es sind die alten staubigen Lehmwege, die sich beim ersten Regen in Schlammwüsten verwandeln. Viele Häuser sind renoviert und farbenfroh gestrichen. Aber manch ein Gebäude ‘erstrahlt’ noch im Glanz vergangener Zeiten mit roher Holzbeplankung, schief hängenden Schildern und Blechdächern aus alten Fässern.

Schick herausgeputz präsentiert sich Dawson City Schick herausgeputz präsentiert sich Dawson City © 1996-2017 Bernd Runde

Abgesehen von den Touristen, ist das Leben in dieser Abgeschiedenheit sehr beschaulich. Nur 500 Meter außerhalb des urbanen Bereichs beobachten wir einen Biber, wie er aus dem reißenden Klondike River in seinen ruhigen See wechselt. Am fernen anderen Ufer des Yukon äst ein Elch, knietief im seichten Uferwasser stehend.

Wieder ist das Wetter total umgeschlagen, oder liegt es etwa an den riesigen Entfernungen, die wir zurücklegen? Es ist bedeckt und regnerisch, ab und zu gießt es in Strömen. Wir fahren weiter durch monotones Tundraland. Es muss wohl am extremen Klima liegen, dass kein Baum älter als 20 Jahre zu sein scheint, sie sind alle maximal armdick. Ab Steward Crossing reißt der Himmel dann wieder auf. Am Pelly Crossing legen wir unsere Picknickrast ein.

Der Yukon bei Pelly Crrossing Der Yukon bei Pelly Crrossing © 1996-2017 Bernd Runde

Plötzlich wandelt die Landschaft ihr Gesicht. Ab Carmack fahren wir, eingerahmt von steilen Felswänden, durch liebliche Täler mit kristallklaren Seen. Schier unendlich folgt die Straße dem Ufer des Fox Lake, der auf keiner Karte verzeichnet ist. Auf den Berghängen im Hintergrund blinken Schneefelder in der Sonne. Zum Tagesabschluss stromern wir noch etwas durch Whitehorse, versorgen uns mit Proviant für morgen und bereiten alles für eine frühe Abfahrt vor. Meilen: 338

Kurzer Stop in Whitehorse Kurzer Stop in Whitehorse © 1996-2017 Bernd Runde

Etwas verwirrend sind die Ausfahrten aus Whitehorse, dann sind wir aber wieder auf dem Transalaska-Highway gen Süden. Aber den richtigen Abzweig haben wir wohl doch übersehen, denn schon seit längerer Zeit taucht Skagway auf keinem Wegweiser mehr auf. Vielleicht war es auch die einmalig dramatische Landschaft, die uns abgelenkt hat. So müssen wir uns über eine Gravelroad nach Carcross durchschlagen.

Dichte Nebelfelder liegen über den malerischen Bergseen, die sich zwischen den Bergketten ausbreiten. Von den Bergen leuchtet strahlend weiß der Neuschnee. Die Zeit verrinnt, und die vor uns liegenden Kilometer werden und werden nicht weniger. In engen Serpentinen geht es bergauf und bergab. Wir passieren erneut die Grenze zwischen Kanada und den USA. Nur noch wenige Kilometer trennen uns vom Ziel.

Zum Glück fiel uns noch gestern ein, dass die Uhren wieder eine Stunde zurückgedreht werden müssen. Aber trotzdem, die dritte Stunde geht auch schon fast zur Neige, als wir endlich am Bahnhof in Skagway ankommen. Kaum sitzen wir im Zug, als sich dieser auch schon ächzend und quietschend in Bewegung setzt. Jetzt wissen wir, wie lange man für 152 Meilen benötigt.

Lokomotive der Whitepass Railway Lokomotive der Whitepass Railway © 1996-2017 Bernd Runde

Auf dem Weg zum Chilkootpass Auf dem Weg zum Chilkootpass © 1996-2017 Bernd Runde

Die Yukon Whitepass Railway ist ein Relikt aus der alten Goldgräberzeit. Tausende sind erfroren oder an Erschöpfung gestorben, als sie auf dem Weg zu den Goldfeldern am Klondike den Chilkootpass überqueren mussten, ehe man diese Eisenbahn baute, um den Pass zu überwinden. Sie führt durch enge Täler, überquert tiefe Schluchten auf waghalsigen Holzbrücken und windet sich dabei auf wenigen Kilometern bis an die Grenzen des ewigen Eises in die Höhe. Jahrelang war sie stillgelegt, ehe sie als Touristenattraktion wieder ihren Betrieb aufnehmen konnte. Heute verrichten 3 Dieselloks den Dienst der ehemaligen Dampflok und ziehen den kleinen Zug hinauf auf die Passhöhe. Atemberaubende Aussichten regen dazu an, darüber nachzudenken, mit welchem Aufwand diese Stecke vor 100 Jahren gebaut wurde. Stellenweise sieht man auf den steilen Felswänden die Spuren des alten Chilkoottrails. Auf diesem schmalen Steg wurden mit Mulis und Pferden, sogar im Winter, die Gerätschaften in die Goldfelder befördert. Diese Fahrt, den historischen Spuren folgend, ist ein Erlebnis. Die derzeitige Aussicht ist es weniger. Bei dichtem Nebel und strömendem Regen erreichen wir den Gipfel.

Historische Holzbrücke Historische Holzbrücke © 1996-2017 Bernd Runde

Nach gut 3 Stunden sind wir wieder zurück und haben Zeit bei einem Bummel durch Skagway auch hier einen Blick tief in vergangenen Zeiten zu tun. Leider wird diese anheimelnde Atmosphäre durch die Touristenströme arg ramponiert. Draußen im Hafen liegen bis zu drei Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig am Pier und ergießen ihre Passagierströme in die Stadt. Aber abends und am frühen Morgen kehrt dann wieder Ruhe ein.

Auch wenn unsere Unterlagen sagen, dass wir uns eine Stunde vor Abfahrt mit unserem Voucher an der Fähre einfinden sollen, wollen wir uns das lieber noch bestätigen lassen. Am späten Abend bummeln wir hinunter zum kleinen Hafen ins Fährbüro. Hatten wir den richtigen Riecher? Unser Gutschein wird gegen zwei Passagiertickets eingetauscht. Eine Reservierung für den Pkw liege nicht vor, erfahren wir zu unserer Überraschung, und Nachbuchung sei nicht möglich, da die Fähre voll ausgebucht ist. Letztendlich erklärt sich der Staumeister bereit, unseren ‘Kleinen’ noch irgendwie und irgendwo quer dazwischen zu schieben. Meilen: 152

So ist es dann später auch beim Verladen. Wir sind die letzten, die aufgerufen werden und nur wenige Zentimeter hinter unserem Heck schließt sich die Ladeluke. Aber vorher haben wir ja noch einen ganzen Tag in Skagway. Wir wachen ausgeschlafen und natürlich erleichtert über die glückliche Regelung unserer Fährpassage auf.

Das inzwischen dritte Fax nach Deutschland hat es allerdings in sich. Soviel Mist wie ‘Canadian Adventure’ hat noch kein Reisebüro produziert. Als i-Punkt rät man uns, auf jeden Fall den heutigen Tag so einzurichten, dass eine Ankunft am Hotel im Kluane Nationalpark (in Kanada) um 19:00 Uhr gewährleistet ist. Eine Unmöglichkeit, wie sich später herausstellt.

Wir lassen uns viel Zeit und bummeln noch einmal gemächlich durch den Ort auf der Suche nach neuen Motiven. Ein Blick in den alten Saloon ‘Red Onion’, noch einmal zum Bahnhof, wo die alte Dampflok gerade die Wagons für den nächsten Zug zusammenrangiert und die obligatorische Souvenirsuche füllen den ganzen Tag aus.

Um 15:00 Uhr stellen wir den Wagen im Hafen auf den Verladeparkplatz. Schon das Ausladen der einlaufenden Fähre und dann auch das Verladen der Trucks und Pkw zieht sich sehr in die Länge. Mit über einer Stunde Verspätung legen wir endlich um 18:00 Uhr ab. Inzwischen hat es aufgehört zu regnen. Nach 1 Stunde legen wir im malerisch gelegenen Haynes an. Durchs Chilkat Valley, während der Lachswanderung eines der größten Refugien für Weißkopfadler, fahren wir wieder nordwärts. Leider ist weit und breit kein Adler auszumachen.

Breit und behäbig, verzweigt in viele kleine Arme, wälzt sich der Chilkat River durch sein Schotterbett. Im Tal mächtige Fichten und Erlen, wie in einem tropischen Regenwald. Nach wenigen Meilen passieren wir wieder die Grenze nach Kanada und stellen die Uhren erneut eine Stunde vor. Es ist jetzt also schon nach 20:00 Uhr, wir müssten also schon seit einer Stunde zum Dinner im Resort sein.

Zu spät ist zu spät, da spielt die Anzahl der Stunden auch keine Rolle mehr und wir sind nicht zum essen hier, sondern wollen genießen, was die Landschaft uns bietet; und das ist nicht eben wenig. Hinter der Grenze steigt der Highway zunächst allmählich, dann immer steiler an. Es geht hinauf zum Chikatpass. Die Landschaft verändert ihren Charakter total. Wir sind in einem baumlosen Hochgebirgstal mit Schneefeldern, eingerahmt von gletscherbedeckten Bergen. Auf den Berggipfeln leuchtet der Neuschnee in der schräg einfallenden Abendsonne. Ein strahlend blauer Himmel mit fantastischen Wolkenformationen überspannt die ganze Szenerie. Die in diesen Breiten nur langsam untergehende Sonne verwandelt das ganze in eine einzigartige Theaterkulisse. Wer will es uns verdenken, dass wir mehr Fotostops einlegen, als die späte Zeit eigentlich erlaubt.

Dalton Trail Lodge Dalton Trail Lodge © 1996-2017 Bernd Runde

So sind wir dann auch erst um 23:00 Uhr, jetzt ist es wirklich dunkel geworden, am Ziel. Die ‘Dalton Trail Lodge’ am Dezadeash Lake im Kluane Nationalpark wird von Schweizer Einwanderern geführt. Unser Abendessen wartet, ebenso wie die freundlichen Inhaber, auf uns. Obwohl in der Mikrowelle aufgewärmt, ist es ein vorzügliches Essen. Bei einem Glas ‘roten’ feiern wir noch 1 Stunde 33.Polterabend. Um 00:30 Uhr fallen wir dann aber todmüde ins Bett. Meilen: 131

Ein strahlender Sonnentag begrüßt uns. Die Berge ringsum sind in frisches Weiß getaucht und im Schatten sind die Tautropfen der Nacht noch gefroren, als wir zu einem kleinen Morgenspaziergang an den nahen See aufbrechen. Wegen der wilden sumpfigen Landschaft erreichen wir aber keine Stelle am Seeufer, die zum Verweilen einlädt.

Morgen am Dezadeash Lake Morgen am Dezadeash Lake © 1996-2017 Bernd Runde

Auf der Weiterfahrt machen wir noch einen Abstecher zum Kathleen Lake und kurz Station in Haynes Junction. Umgeben von einer faszinierenden Bergwelt mit Eis und Schnee folgen wir dem westlichen Ufer des Kluane Lake. Strahlender Sonnenschein und die sich im Blau des Sees spiegelnden Wolken verleiten uns zu vielen Pausen. In Burwash Landing finden wir am Steilufer hoch über dem See bei „Your Point” einen idealen Platz für unser Lunch.

Faszinierende Stimmung am Kluane Lake Faszinierende Stimmung am Kluane Lake © 1996-2017 Bernd Runde

Im Tal des Kluane River quälen wir uns noch einmal einige …zig Kilometer durch Baustellen. Immer wieder stoppt ein „flagman” den Verkehr, bis sich eine kleine Gruppe von Wagen angesammelt hat, die dann von einem „pilot car” durch die aufgerissene Landschaft und die überdimensionalen Baumaschinen gelotst werden.

Zum Abschluss dieses heißen Sommertages werden wir in unserem Hotel in Beaver Creek von Super Natural zum Abendessen und einer Heimatshow eingeladen. Auch dieses Hotel besteht aus einer Ansammlung von schlichten Holzhäusern in denen früher die Baukolonnen des Alaska Highways untergebracht waren. In einem riesigen zeltartigen Kuppelbau sitzen wir, zusammen mit den Reisenden aus ca. 4 bis 5 Reisebussen, beim Barbecue und lassen eine Show über die Tage der Entdeckung und Besiedlung der Wildnis um Beaver Creek über uns ergehen. Meilen: 216

Auch hinter der Grenze (zurück in die USA) sind die ersten 50 Meilen des Alaska Highway unbefestigte Gravelroad mit intensiver Bautätigkeit. Es ist trübe und bedeckt, nur die Gipfel der uns im Westen begleitenden Wrangell Mountains erstrahlen in der Morgensonne. Nach 2 Stunden erreichen wir um 11:00 Uhr Tok. Damit schließt sich die erste Schleife unserer Rundfahrt.

Auf dem Weg nach Glenallen Auf dem Weg nach Glenallen © 1996-2017 Bernd Runde

Diesmal zweigen wir aber nach Westen auf den Glenn Highway ab. Vor uns liegen noch 140 Meilen bis Glennallen. Wir kreuzen die nördlichen Ausläufer der Wrangell Mountains. In den weiten Hochtälern glitzern Hunderte kleiner Seen, die ihren besonderen Charakter dadurch erhalten, dass sie von breiten strahlend-grünen Moosrändern eingefasst sind.

Auf dem Glenn-Highway Auf dem Glenn-Highway © 1996-2017 Bernd Runde

Es ist immer noch bedeckt, als wir Glenallen erreichen. Auf den breiten staubigen Straßen treibt ein heftiger Wind riesige Staubwolken vor sich her. Im etwas außerhalb gelegenen Hotel prangt ein großes Schild „Freie Zimmer”. Warum in aller Welt hat man uns wieder etwas anderes zugewiesen, als vereinbart? Im Hotel stellt man uns anheim, zu wählen zwischen Hotel oder Gästehaus. Wir fahren also zunächst zur Besichtigung des Gästehauses. Es ist eine kleine urgemütliche Hütte am Waldrand, in der früher ein populärer Heimatdichter gelebt haben soll. Wir entscheiden uns für die Hütte. Meilen: 250

Das Wetter will und will nicht umschlagen. Bleiern lastet eine graue Wolkendecke über dem Land. Trübes fahles Licht breitet sich von Horizont zu Horizont aus. Ein Silberstreif in den Bergen im Süden markiert das Columbia-Eisfeld, von dem vereinzelt kleine Gletscher bis ins Tal hinablecken. Am Gergie Lake vorbei und durchs Nelchinatal, wo sich ein herrlicher Blick auf den Nelchina-Gletscher bietet, erreichen wir den Matanuska-Gletscher. Die Straße windet sich in engen Serpentinen immer höher hinauf. Nach jeder Kurve eröffnet sich ein anderer Blick auf den langgestreckten Gletscher. Aus dem Geröll der Endmoräne entspringen viele kleine Bäche, die sich bald zum Matanuska River vereinen. Während ringsum alles in dichte Wolken gehüllt ist, reißt über uns und über dem Matanuskatal der Himmel auf. Wir folgen dem Flusslauf auf seinem Weg durch das wunderbare wilde Tal und das atemberaubende Hochgebirge.

In Palmer öffnet sich das Tal zu einer weiten Tiefebene, in der intensiv Landwirtschaft betrieben wird. Zu dieser Jahreszeit wirkt alles wie in gemäßigten Klimazonen irgendwo auf der Welt. Nur die gletscherbedeckten Berge ringsum deuten an, dass sich hier im Winter eine dramatische Veränderung vollziehen wird. Wir biegen auf den Park Highway ein, der uns vor 11 Tagen nordwärts führte. Damit nähern wir uns wieder dem Ausgangspunkt unserer Rundfahrt. Als erstes müssen wir feststellen, dass sich seither nicht viel verändert hat. Das gilt vor allem für’s Wetter. Es beginnt wieder zu regnen, und Anchorage begrüßt uns, wie es uns vor 11 Tagen verabschiedet hat, als wir um 14:00 Uhr unser Hotel erreichen.

Es ist nicht ganz einfach, eine Autowaschanlage zu finden. Man lässt wohl sogar in der Stadt noch nicht all zu oft sein Auto waschen. Auch der Regen kann uns nicht abhalten, einen ausgedehnten Stadtbummel zu unternehmen. Es herrscht ausgesprochene Wochenendhektik in der Stadt. Zum Abendessen sind wir wieder im Sea Galley. Ein Treffen mit John, dem Bekannten eines Studienfreundes, kommt nicht zustande, da er zur Zeit nicht erreichbar ist. Meilen: 191

Ein Höhepunkt soll es werden, eine Bootstour in die Gletscherwelt Alaskas. Eigentlich war das im Programm nicht vorgesehen, aber uns soll’s recht sein. Wir müssen nicht selbst nach Portage zum Bahnhof fahren. Vom Cook-Hotel, direkt gegenüber, startet der Bus um 08:30 Uhr, der uns zum Hafen nach Whittier bringen soll. Auf der uns wohlbekannten Route verlassen wir die Stadt Richtung Süden. Es ist angenehm, gemütlich zurückgelehnt die Landschaft an der ‘turn again’-Bucht des Cook Inlets noch einmal genießen zu können. In Portage fährt der Bus über eine Rampe direkt auf einen der Plattform-Waggons der Schmalspurbahn nach Whittier. Am Portagegletscher vorbei, durch viele Tunnel, führt die Strecke ans Meer in die als Militärstützpunkt geschaffene Siedlung Whittier.

Im Katamaran durch den Prince William Sound Im Katamaran durch den Prince William Sound © 1996-2017 Bernd Runde

Am Hafen wartet der Katamaran ‘MS Klondike’. Bootsfahrt, Sonne, Gletscher, unzerstörte Natur und Tiere in ihrer ursprünglichen Umgebung, alles Dinge, die man sich vorstellen kann. Unvorstellbar sind jedoch die Eindrücke, die uns die 6-stündige Fahrt durch den Collegefjord vermittelt. Es ist schwierig, dieses Erlebnis mit Worten zu beschreiben.

Die Gletscherwelt am College Fjord Die Gletscherwelt am College Fjord © 1996-2017 Bernd Runde

Man spürt den Hauch der eisigen Natur Man spürt den Hauch der eisigen Natur © 1996-2017 Bernd Runde

Spiegelblank präsentiert sich das Meer, über das der Katamaran dahingleitet. Die zunächst weite Bucht, ein Arm des weitverzweigten Prince William Sound, wird eingerahmt von schroffen steilen Bergen. Die dunkelbraunen Felsen sind nur spärlich mit lichten Fichtenwäldern bestanden. In der Ferne schimmern die weißen Kuppen der Gletscher und Schneefelder. Wir umrunden eine Felsnase und zwängen uns durch einen engen Durchlass. Das Wasser ist übersät mit kleinen Eisbrocken. Die kleinen dunklen Flecken im Wasser entpuppen sich als Fischotter, die sich, genüsslich auf dem Rücken dahin treibend, den Bauch von der Sonne durchwärmen lassen. Zwischen den hohen Felswänden lecken riesige Gletscher bis hinunter zum Wasser. Die Eiskanten ragen teilweise bis zu 300 m über die Wasseroberfläche.

Gewaltige Eismassen schieben sich in den Fjord Gewaltige Eismassen schieben sich in den Fjord © 1996-2017 Bernd Runde

Mit lautem Getöse brechen riesige Eisschollen vom Gletscher und erzeugen mächtige Fontänen, wenn sie ins Meer stürzen. Schon aus größerer Entfernung erkennen wir bei genauerem Hinsehen, dass die vor dem Gletscher schwimmenden Eisschollen von unzähligen Robben und Seelöwen als Rastplatz und Sonnendeck genutzt werden. Langsam und fast lautlos schiebt sich der Katamaran dicht an dieses einzigartige Naturschauspiel heran. Mit abgeschaltetem Motor treiben wir inmitten dieses Paradieses.

Ein Platz an der Sonne Ein Platz an der Sonne © 1996-2017 Bernd Runde

In all dieser Herrlichkeit fehlen nur noch einige kreisende Weißkopfadler, aber die hocken still und regungslos in den mächtigen Kiefern am Ufer. Lauter geht es dagegen in einer Brutkolonie von Seeschwalben zu. In der steilen Felswand herrscht unbeschreiblicher Lärm und ständiges Kommen und Gehen. Tausende dieser gewandten Flieger sind in scheinbar rastloser Bewegung.

Regelrecht wehmütig verlassen wir diese wirklich romantische Ecke Alaskas. Unser Abendprogramm tut dann ein Übriges, um Abschiedsschmerz aufkommen zu lassen. Heißt es doch nach der Rückkehr um 20:00 Uhr und einem kleinen Stadtbummel schon wieder: „Gepäck sortieren und Koffer packen”.

Im Radio und Fernsehen hatten wir gehört, dass die Lachswanderung nun wohl endgültig begonnen hat, allenthalben wird von Angelwettbewerben und dem zukünftigen Lachskönig gesprochen. Grund genug, auf dem Weg zum Flughafen einen Abstecher zu machen. Wir unternehmen noch eine morgendliche Fahrt zum Bird Creek. An dieser Stelle hatten wir schon vor 14 Tagen einige Angler gesichtet. Es ist abfließendes Wasser und der Fluss ist zu einem größeren Bach mit breiter schlammiger Uferzone verkommen. Im Morast stehen, zum Teil bis zu den Hüften im Wasser, aufgereiht wie auf einer Perlenschnur schlammverschmierte Gestalten, die sich wohl nur selbst als Angler betrachten.

Seltsamer Sport Seltsamer Sport © 1996-2017 Bernd Runde

Uns reicht es, eine Viertelstunde dem Schlachten und Gemetzel zuzusehen. Es geht den Leuten anscheinend nicht um den Fisch, sondern nur um den Urtrieb zu töten und zu beweisen, wer der Stärkere ist. Am Ufer liegen Unmengen erschlagener und unfachmännisch zerlegter Lachse, die teilweise gleich wieder als Köder verwendet werden. Am Ufer rutscht man auf den Innereien der gefangenen Fische aus. Wir wenden uns ab und träumen davon, irgendwo den Bären beim Lachsfangen zusehen zu können.


8-Tage-Kreuzfahrt südwärts an Alaskas Küste, die ‘Inside Passage’

Daten ‘Inside Passage’

Berge, Inseln, Eis und Gletscher auf dem Weg nach Vancouver

Um 12:00 Uhr sind wir dann am Flughafen. Entgegen dem ursprünglichen Vertrag müssen wir für die verspätete Abgabe nichts zuzahlen, der Vertrag wurde geändert. Vor dem Flughafen steht ein Lkw, der unser Gepäck direkt zum Schiff transportiert. Nach 1 ½ Stunden sitzen wir im Zubringerbus zum Hafen in Seward. Die 3-stündige Fahrt durch die subtropisch anmutende Kenai-Halbinsel ist eine schöne Abrundung des bisherigen Alaska-Programms. Die Straße führt direkt durchs Gebirge dieser dicht bewaldeten Landzunge.

Bestens organisiert, ohne Wartezeiten und Gedränge, sind wir in wenigen Minuten an Bord. Wir sind überrascht von der wunderbaren und geräumigen Kabine. Wie gut, dass wir die “Tausend DM Aufschlag” für ein Bullauge gespart haben. Schon wuselt unser Kabinen-Steward Cesar, ein Phillipino, um uns herum. Die Mahlzeiten sind heute am Anreisetag noch nicht organisiert. Da wir hungrig sind, machen wir uns schon um 18:00 Uhr auf in den Speisesaal. Als wir nach dem Abendessen zurückkommen, sind auch unsere Koffer in der Kabine. Um 21:30 Uhr heißt es dann ‘Leinen los’. Nach einem gekonnten Wendemanöver in der engen Hafenbucht setzt sich das Schiff in Bewegung und dampft hinaus in die sich langsam über das Land senkende arktische Nacht.

Am frühen Morgen durchqueren wir uns bekannte Gewässer. Wir laufen erneut in den College Fjord ein. Vom oberen Deck des großen Schiffes sieht allerdings die Landschaft ganz anders aus, als wir es in Erinnerung haben. Das Wetter meint es wieder sehr gut mit uns, es herrscht hervorragende Sicht. Wir überblicken den ganzen Fjord mit den in der Morgensonne glänzenden fünf (5) Gletschern des westlichen Ufers. Wegen der wesentlich größeren Entfernung, die wir zur Küste einhalten müssen, ist von all dem interessanten Tierleben auf den Eisschollen diesmal nichts auszumachen. Wie schön, dass wir schon einmal hier waren.

Durch die Inselwelt und die auch im Winter eisfreien Gewässer des Prince William Sound dampfen wir dann hinaus, unserem nächsten Ziel entgegen. Die restliche Strecke dieses Tages führt überwiegend über das offene Meer des Golf von Alaska.

Schon beim Frühstück sind wir im Angesicht der vorbeiziehenden eisbedeckten Berge und kleinen Inseln ganz unruhig. Außerdem hieß es in der Ankündigung zum heutigen Tagesprogramm, dass die Möglichkeit zur Walbeobachtung besteht. Trotzdem, erst lassen wir uns das reichhaltige Frühstück schmecken. Wegen der guten Sicht sitzen wir in der Cafeteria. Die vorbeiziehende wildromantische Landschaft hält uns aber nicht lange auf unseren Stühlen. Wir laufen in die Glacier Bay ein. Das ist Alaska wie aus dem Bilderbuch. Unvorstellbar sind diese Eismassen, die sich von den gewaltigen Eisfeldern, die das gesamte Küstengebirge bedecken, bis hinunter zum Meer ziehen. Noch vor Hundert Jahren war die ganze Glacier Bay selbst von Eismassen bedeckt. Jeder Gletscher hat seinen eigenen Charakter.

In der Glacier Bay In der Glacier Bay © 1996-2017 Bernd Runde

Wir steuern zuerst den Great Pacific Glacier und den Margerie Glacier an. Am Eingang zum Johns Hopkins Inlet passieren wir den kleinen Lamplugh Glacier und liegen zum Abschluss direkt vor dem Johns Hopkins Glacier. Es ist wieder ein strahlender Sonnentag und das Thermometer steigt auf 17°C. Kurz bevor wir den Nationalpark verlassen, sind in der Ferne auch noch die Fontänen einiger blasender Wale auszumachen.

*Das Abendprogramm ist bestimmt durch das reichhaltige Angebot an Bord. Da auf jedem Deck etwas los ist, fällt die Auswahl schwer. Wir entschließen uns zu einem Bummel durch alle Säle. Beim Abendessen genießen wir zunächst einen malerischen Sonnenuntergang. Aus der Showlounge erklingt alter Swing, Dan Reed und das Starlight Orchester spielen Oldies der 40er. Es zuckt verdächtig in den Beinen, und bei ‘In the Mood’ können wir nicht widerstehen und finden uns auf der Tanzfläche wieder.*

Das war die richtige Einstimmung für die anschließende ‘Variety Showtime’ mit einem wahren Feuerwerk der guten Laune. Na ja, so früh kann man ja nicht ins Bett gehen. Also finden wir uns auf Deck 14 im ‘*Windows Nite Club*’ ein und genießen von Mitternacht bis 01:00 Uhr in der Früh die Tanzmusik der 50er und 60er.

Kreuzfahrer in Skagway Kreuzfahrer in Skagway © 1996-2017 Bernd Runde

Diesmal meint es Skagway gut mit uns. Als wir aufstehen, liegt die Star Princess schon am Pier. Es ist ein strahlender Sonnentag, den wir beabsichtigen, ohne offizielles Programm zu genießen. Den Vormittag bummeln wir noch einmal durch Skagway. Der Sonnenschein ist ideal, um unsere Photosammlung noch zu ergänzen. Den Nachmittag verbringen wir auf dem Sonnendeck. Die Sonne und die angenehm warme Luft verleiten sogar zu einigen Runden im Swimmingpool.

Bummel durch Skagway Bummel durch Skagway © 1996-2017 Bernd Runde

Obwohl wir schon um 06:30 Uhr Alaskas Hauptstadt Juneau erreichen, lassen wir uns viel Zeit für ein gemütliches und ausgedehntes Frühstück. Ein besonderes Abenteuer steht auf dem Programm. Um 09:20 Uhr startet der Zubringerbus vom Pier zum Hafen. Hafen in Alaska ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit Schiffen. Hier oben in der Wildnis gehören auch Flugzeuge zu den normalen Transportmitteln, und das sind größtenteils Wasserflugzeuge.

Auf zur Takulodge Auf zur Takulodge © 1996-2017 Bernd Runde

Ein junges Mädchen führt uns zu einem der zahlreichen, am Pier vertäuten einmotorigen ‘Hornissen’. Ja, ja, sie sei die Pilotin, wir brauchen aber keine Sorge zu haben, sie fliege schon seit 6 Jahren, versichert uns die zierliche kleine Person. Mit ohrenbetäubendem Lärm jagt sie die kleine Maschine hinaus in die Bucht und hebt schon nach wenigen Metern ab. Wir überfliegen die Gastineau Bay und schweben nach einer weiten Linkskurve über einer faszinierenden Landschaft, deren Schönheit und Wildheit man vom Boden her gar nicht beurteilen kann. Braune Berge, grünes Wasser und die nicht enden wollenden Ströme weißblauen Gletschereises liegen unter uns.

Über dem Taku-See Über dem Taku-See © 1996-2017 Bernd Runde

Wie soll man so schnell all’ die Namen erfassen, zumal auch der dröhnende Motor fast alle Geräusche überdeckt. Wir folgen dem Lauf des Taku River, bis sich dieser zu einem großen See erweitert, dem Taku-See. Waren das wirklich schon 45 Minuten? Wir landen auf dem See direkt am Anleger einer kleinen Lodge.

Takugletscher aus der Luft Takugletscher aus der Luft © 1996-2017 Bernd Runde

Das Hinterland der Takulodge ist der reinste tropische Regenwald. Dicht bemooste Baumriesen überragen dichtes undurchdringliches Unterholz. Wir folgen einem ausgezeichneten Weg zum ‘Adlerhorst’. Das Nest scheint verlassen, zumindest ist weit und breit nichts von Adlern zu erspähen. Etwas überrascht, dass wir ganz allein durch den Wald wandern, nirgends sind Stimmen zu hören, geschweige denn irgend jemand zu sehen, kehren wir um.

Bemooste Baumriesen im Regenwald Bemooste Baumriesen im Regenwald © 1996-2017 Bernd Runde

An der Lodge angekommen, stellen wir fest, das alle anderen Gäste auf dem kürzesten Weg in die Lodge eingekehrt sind, wo die Hausherrin ein vorzügliches Lachsessen vorbereitet hat. Erstaunen löst unsere Bemerkung aus, dass uns die Umgebung wichtiger als das Essen war. Auch für uns ist noch etwas übrig. Leider haben wir die Erläuterungen über den Ursprung dieser Lodge verpasst, die sich eine der frühen Pionierinnen Alaskas hier errichtet hat, die berühmt wurde, als sie Mitte dieses Jahrhunderts mit dem Hundeschlitten allein die 1.000 Meilen nach Fairbanks zurücklegte.

Die Lodge überblickt Bucht und Gletscher Die Lodge überblickt Bucht und Gletscher © 1996-2017 Bernd Runde

Nach dem Essen erkunden wir noch etwas den Regenwald. Nur weit reichen die ausgetretenen Pfade nicht in die Wildnis. Den Rückflug absolviere ich im Copilotensitz und kann das wunderbare Panorama dieser einmaligen Landschaft noch einmal ausgiebig genießen. Jeder Blick hinunter in die schroffe eisige Landschaft ringt einem Bewunderung für die Abenteuertypen ab, die hier im Kajak ankamen und das Land erkundeten. Die Gier nach Gold muss unheimliche Kräfte freigesetzt haben.

Der Bootsanleger - das Tor zur übrigen Welt Der Bootsanleger - das Tor zur übrigen Welt © 1996-2017 Bernd Runde

Ohne Wasserflugzeug geht hier gar nichts Ohne Wasserflugzeug geht hier gar nichts © 1996-2017 Bernd Runde

In der Stadt erinnert so gut wie jedes Gebäude an die alte Zeit. Leider verschandeln aber auch moderne Betonbauten das historische Stadtbild. Wir wandern den Berg hinauf bis zur St.Nikolai-Kirche von 1893, ein Relikt aus der russischen Vergangenheit Alaskas.

Alaskas Hauptstadt ist von Land aus nicht erreichbar Alaskas Hauptstadt ist von Land aus nicht erreichbar © 1996-2017 Bernd Runde

Russisch-Orthodoxe St.Nikolai-Kirche von 1893 Russisch-Orthodoxe St.Nikolai-Kirche von 1893 © 1996-2017 Bernd Runde

Als wir um 18:00 Uhr Alaskas Hauptstadt wieder verlassen, die übrigens nur per Schiff oder Flugzeug zu erreichen ist, da es keine Straßenanbindung gibt, stehen wir an Deck, bis die letzten Häuser unserem Blick entschwinden.

Die nächste Etappe ist etwas länger, und so erleben wir am nächsten Morgen bei strahlendem Sonnenschein die Berg- und Inselwelt hautnah, als sich die ‘Star Princess’ durch die engen Fjorde zwängt, um Ketchikan anzulaufen. Zunächst sind es nur einzelne Häuser und Hütten, die am Ufer unterhalb der steil aufragenden Berge den Fjord säumen. Der Hafen bildet das Zentrum der Stadt. Auch hier drängen sich bunte Holzhäuser an den schmalen Straßen, die schon nach wenigen Hundert Metern in der Wildnis enden. Über das Schiff streichen Weißkopfseeadler und entschwinden dem Blick, wenn sie sich irgendwo da draußen im Dunkel der Wälder verlieren.

Ketchikan lockt Touristen Ketchikan lockt Touristen © 1996-2017 Bernd Runde

Wir machen einen kleinen Stadtbummel, um die Atmosphäre einer weiteren vom Tourismus infizierten Stadt in uns aufzunehmen.

Ketchikans historische Altstadt steht auf Pfählen Ketchikans historische Altstadt steht auf Pfählen © 1996-2017 Bernd Runde

Nachdem wir in Juneau in die Luft gegangen sind, haben wir uns für Ketchikan einen Kanuausflug ausgewählt. Mit dem Bus brechen wir um 13:00 Uhr zu einer abenteuerlichen Fahrt auf. Auf unbefestigten Wegen geht es hinauf in die Berge. Mitten in der Wildnis liegen an einem kleinen Bergsee einige Indianerkanus. In jedes Kanu passen 16 Personen. Nach kurzer Einweisung paddeln wir über den See. Obwohl wir mitten in der scheinbar unberührten Natur sind, ist aber auch hier nichts von der angeblich so reichen Fauna auszumachen. Nicht einmal der Gesang eines Vogels ist zu vernehmen.

Im Kanu durch Alaskas Wildnis Im Kanu durch Alaskas Wildnis © 1996-2017 Bernd Runde

Versteckt im dichten Wald befindet sich am Ende des Sees ein kleiner Unterstand. Unsere Begleiter bereiten auf einem Holzkohlefeuer heißen Tee und Kaffee, dazu gibt es geräucherten Fisch, Sauerteigbrot und Wildbeerenmarmelade. Leider entpuppt sich der angekündigte Spaziergang im Regenwald als ein nur 200 Meter langer Rundgang zur Erläuterung der Besonderheiten der nordischen Vegetation.

Creek Street Creek Street © 1996-2017 Bernd Runde

Zurück in der Stadt machen wir uns ins einst verruchte Rotlicht-Viertel von Ketchikan, die Creek Street, auf. Noch vor wenigen Jahren beabsichtigte man, dieses Symbol unmoralischer Vergangenheit abzureißen. Die Rettung kam dann in Gestalt der ersten Touristen. Heute ist Creek Street die Hauptattraktion von Ketchikan. Als Ferienjob imitiert eine angeheuerte Studentin vor Dolly’s Haus, dem einstigen Freudenhaus, die reichste und einflussreichste Frau der Goldgräberzeit.

Dolly's House Dolly’s House © 1996-2017 Bernd Runde

Der Abend an Bord wird heute vom Hauptereignis einer Kreuzfahrt bestimmt, dem Captain’s Gala Dinner.

Es gibt keinen Grund zum Jammern, als uns der neue Tag mit Regen begrüßt. Das Besichtigungsprogramm ist abgeschlossen und wir sind auf hoher See. Endlich Zeit, sich ‘mal richtig treiben zu lassen und Zeit zu finden, alle Einrichtungen der ‘Star Princess’ etwas näher in Augenschein zu nehmen.

Ein paar Tage Entspannung in Vancouver

Kreuzfahrer-Terminal im Hafenviertel Kreuzfahrer-Terminal im Hafenviertel © 1996-2017 Bernd Runde

Auch bei unserer Ankunft in Vancouver am nächsten Morgen um 08:00 Uhr ist es immer noch trüb’ und regnerisch. Obwohl wir in einem anderen Land von Bord gehen, dauert das Ausschiffen nur wenige Minuten. Recht unglücklich schaut der Taxifahrer aus der Wäsche, als wir ihm unser Ziel nennen. Unser Hotel, das ‘Georgia’, liegt nur 500 m vom Pier entfernt direkt in der City. Natürlich stören wir am frühen Morgen den normalen Rhythmus des Hotels. Unser Zimmer ist noch nicht fertig. Aber wenn wir uns eine Stunde gedulden, ist alles gerichtet, verspricht man uns an der Rezeption.

Kaum sind wir wieder auf der Straße, fasziniert uns eine Ausstellung afrikanischer Skulpturen in der Vorhalle einer großen Bank. Afrika hier oben im entferntesten Winkel Kanadas? Die Schnitzereien stehen in wunderbarem Kontrast zu den kleinen Werken aus Knochen und Walzähnen der Inuit, die wie bisher gesehen haben. Uns befällt ein eigenartiges Gefühl, als wir eins der ausgestellten Stücke erwerben. Ein afrikanisches Souvenir aus Kanada? Warum eigentlich nicht?

Robson Square Robson Square © 1996-2017 Bernd Runde

Wie war das doch damals 1981? Ja, die angenehmsten Erinnerungen haben wir an den Robson Square. Beim ersten Stadtbummel stellen wir fest, das sich viel verändert hat. Es dauert ein ganzes Weilchen, bis wir den in keinem Stadtplan eingezeichneten Platz gefunden haben, er liegt ganze 200 Meter vom Hotel entfernt. Beim Eis im Mozart-Café, heute unter chinesischer Leitung, frischen wir Erinnerungen an alte Zeiten auf.

Wasserspiele Robson Square Wasserspiele Robson Square © 1996-2017 Bernd Runde

Tatsächlich, um 10:00 Uhr können wir unser Zimmer beziehen. Schnell ist das Gepäck verstaut und wir stecken in anderen Klamotten. Das Wetter klart auf und so ziehen wir los. Es geht kreuz und quer durch die City in Richtung Altstadt. Waterstreet, ist ein absolutes ‘Muss’ für jeden Vancouverbesucher. Diese geschmackvoll restaurierte alte Hafenstraße ist natürlich ein Magnet für die Besucher aus aller Herren Länder. Aber hier stört das Gewimmel nicht. Man lässt sich treiben, ohne dass man getrieben wird.

Waterstreet im Altstadtviertel Waterstreet im Altstadtviertel © 1996-2017 Bernd Runde

Gemütlichkeit mitten in der Großstadt. In einem kleinen Ecklokal kehren wir zum Lunch ein und tanken neue Kräfte, ehe es im gleichen entspannten Tempo zurück zum Hotel geht. Nach Einbruch der Dunkelheit wiederholen wir diesen Rundgang noch einmal, um auch die abendliche Atmosphäre dieser faszinierenden Stadt im äußersten Westen Kanadas voll zu genießen.

Dampfgetriebene Standuhr im Altstadtviertel Dampfgetriebene Standuhr im Altstadtviertel © 1996-2017 Bernd Runde

Einheimische behaupten, Vancouver habe sein Fluidum daher, das es keine Durchreisestadt ist. Hier ist man, weil man da sein will, und nicht weil man einen kurzen Stopp auf dem Wege nach irgendwo anders einlegt und deshalb in Eile ist.

Ein Beleg für diese Behauptung ist der Stanley Park. Den ganzen folgenden Tag, von 09:30 Uhr bis 18:00 Uhr, verbringen wir dort. Mit dem Bus fahren wir bis zum Zoo, dem Zentrum des Parks. Von dort stoßen wir direkt bis zur Uferpromenade vor. Im Angesicht der Lion Gate Bridge beginnen wir die 10 km lange Umrundung der nur durch einen schmalen Landsteg mit dem Festland verbundenen Halbinsel. Am Ufer und im Wasser der großen Burrardbucht tummeln sich Kanadagänse. Wie wir später feststellen, bevölkern diese herrlichen stolzen Vögel den ganzen Park. Wir wandern im Uhrzeigersinn um die Halbinsel, dabei haben wir die Silhouette der Stadt und den betriebsamen Hafen zunächst direkt vor uns.

Allgegenwärtige Kanadagänse Allgegenwärtige Kanadagänse © 1996-2017 Bernd Runde

Mit jedem Schritt wandelt sich das Panorama der von der Morgensonne beschienenen Skyline. Nach einiger Zeit erreichen wir einen großen Platz in dessen Hintergrund sich riesige Totempfähle gen Himmel recken. Es soll die größte Sammlung dieser Stammessymbole der kanadischen Indianer auf dem Kontinent sein. Auf jeden Fall sind sie der größte Publikumsmagnet in Vancouver. Es gibt keinen Touristenbus in der Stadt, der hier nicht einen Halt einlegt. Zu dieser frühen Stunde hält sich der Betrieb allerdings in Grenzen und wir können uns den Standort für unsere Photos frei wählen.

Touristenmagnet Totempfähle Touristenmagnet Totempfähle © 1996-2017 Bernd Runde

Um die Mittagszeit erreichen wir den Teil des Parks, in dem die öffentlichen Einrichtungen konzentriert sind. Golfplatz, Tennisanlagen, Bolzplätze, Spielwiesen und ein in die felsige Küste integriertes Freibad ziehen die Menschen magisch an. Hier und natürlich auch wegen der herannahenden Mittagszeit herrscht Hochbetrieb. Dieser Umstand macht es dann aber schwierig, die von uns so geliebte Stelle in Ruhe und Abgeschiedenheit für das Lunch zu finden.

Vancouvers Skyline vom Stanleypark aus Vancouvers Skyline vom Stanleypark aus © 1996-2017 Bernd Runde

Glückskinder brauchen sich aber selten Sorgen zu machen. Mitten unter den stark besuchten Einrichtungen finden wir ein kleines Fachwerkhaus mit der verheißungsvollen Inschrift ‘Fisher House’. Na, wenn das nichts ist. Es ist sogar noch mehr, denn hinter dem Haus stehen Bänke und Tische, an denen wir, allein und in der frischen Luft, unsere knackigen und erst auf Bestellung zubereiteten fish’n ships verzehren können.

Inzwischen ist die Sonne weitergewandert und begleitet uns erneut, als wir die westliche, dem offenen Meer zugewandte Seite der Uferpromenade erreichen. Diese Seite ist stellenweise felsig und einige kleine Stichwege führen hinauf auf die Klippen, von wo man einen herrlichen Blick aufs Meer und die vorgelagerten Inseln hat. Und dann taucht auch unvermittelt hinter einer Wegbiegung wieder die Lion Gate Bridge auf.

Früher führte der Weg über sie in die wenig besiedelten Regionen von British Columbia, heute ist sie die wichtigste Verbindung in die vornehmen Villenorte an den Südhängen der Bucht und in die berühmte Wintersportregion am Mount Whistler. Wir sind so gut in Schwung, dass wir den Rückweg in die Stadt zu Fuß bestreiten, so bekommen wir noch etwas von Vancouvers nachmittäglichen Betriebsamkeit mit.

Beschaulicher Stanleypark Beschaulicher Stanleypark © 1996-2017 Bernd Runde

Noch einen weiteren Vormittag spendieren wir uns für den Stanley-Park. Am nächsten Morgen wandern wir die breite Georgia Street hinunter, die direkt vom Hotel zum Park führt, und stromern einige Stunden durch das Innere der Halbinsel. Vom Zoo drehen wir ein Schleife um einen kleinen von Seerosen überwucherten See und wandern zum Lunch wieder zum Fisher House.

Entspanntes Genießen im Stanleypark Entspanntes Genießen im Stanleypark © 1996-2017 Bernd Runde

Nachmittags entdecken wir ein weiteres Kleinod dieser anheimelnden Stadt, den Canada Place. Das Kongresszentrum rund um den Anleger der großen Kreuzfahrerschiffe, in unmittelbarer Nähe zum alten Bahnhof und dem Anleger der Schnellboote nach Capilano, strahlt trotz seiner modernen Glas- und Stahlarchitektur eine anheimelnde Wärme aus. Wir genießen das Panorama der Stadt bei herrlichem Wetter. Zum Greifen nahe erhebt sich die schneebedeckte Silhouette des 60 km entfernten Mt. Baker über die Häuser der Vorstädte und den Betrieb in der Burrardbucht.

Am Canada Place Am Canada Place © 1996-2017 Bernd Runde

Vancouver auf eigene Faust neigt sich dem Ende. Ein Tag bleibt uns aber, um alles noch einmal Revue passieren zu lassen. Bevor wir um 11:30 Uhr im Hotel Kontakt mit unserem Reiseleiter Hugo Fließbach aufnehmen, genießen wir noch einmal einen strahlenden Morgen am Canada Place. Nachmittags lassen wir uns durch die Water Street treiben, bis weit hinaus ins Chinesenviertel. Auf dem Rückweg schlendern wir durch die völlig restaurierte Halle des palastartigen früheren Centralbahnhofs und landen zum Tagesausklang am Ausgangspunkt unserer Vancouvervisite, dem Robson Square.

Entspannung im Großstadt-Getümmel Entspannung im Großstadt-Getümmel © 1996-2017 Bernd Runde


18-Tage-Busreise von West nach Ost - ‘Canadian Discovery’ (5.898 km)

Daten ‘Canadian Discovery’

Fast 6.000 km von West nach Ost durch den Kontinent bis Toronto

Die organisierte BusreiseDiscover Canada’ beginnt mit einem gemeinsamen ‘Welcome to Canada’-Frühstück. Die bunt zusammengewürfelte Reisegesellschaft besteht zu 80 % aus Deutschen. Jeder stellt sich kurz vor, der Reiseleiter verkündet einige Allgemeinplätze zum Reiseablauf und kassiert Gepäckgebühr für jedes über 1 Stück pro Person hinausgehende Gepäckstück.

Totempfähle im Stanleypark Totempfähle im Stanleypark © 1996-2017 Bernd Runde

Um 08:45 Uhr beginnt der offizielle Teil mit einer Stadtrundfahrt. Über den Stanleypark und die Lion Gate Bridge geht’s hinüber nach Capilano. Tief in den dunklen Wäldern außerhalb der Stadt spannt sich eine imposante Hängebrücke über die 60 m tiefe Schlucht des Capilano River. Man kommt sich wie ein waghalsiger Pionier aus alten Zeiten vor, wenn man sich über dieses schaukelnde Gebilde auf die andere Seite des Tals bewegt. Unvorstellbar, dass dieser schwankende Steg einst dazu diente das gefällte Holz aus den Wäldern in die Sägemühle zu transportieren.

Ein Denkmal für die fotobesssenen Touristen Ein Denkmal für die fotobesssenen Touristen © 1996-2017 Bernd Runde

Das nächste Ziel ist der im Süden der Stadt auf einem Hügel gelegene Queen Elizabeth Park. Nicht nur die geschmackvollen Garten- und Parkanlagen, sondern der einzigartige Blick auf die Stadt und das sie umgebende Land machen diesen Hügel zu einem der beliebtesten Ausflugsziele. Eine Fahrt ohne Stop durch Chinatown und die Water Street beschließen diese Rundfahrt, die uns noch einige zusätzliche Glanzpunkte Vancouvers gezeigt hat.

Im Wassertaxi nach Granville Island Im Wassertaxi nach Granville Island © 1996-2017 Bernd Runde

Der Nachmittag steht uns ohne offizielles Programm zur Verfügung. Wir verbringen ihn auf der mit kleinen Wassertaxis zu erreichenden Insel ‘Granville Island’. Es ist Wochenende und in diesem typischen Ausflugsparadies auf dem Gelände ehemaliger Fabrikanlagen herrscht Hochbetrieb. Es sind nicht nur Touristen, die das kleine Eiland bevölkern. Hierher kommen auch die Einheimischen, um zu promenieren und in den riesigen Markthallen einzukaufen.

Das Touristikprogramm läuft an, um 06:00 Uhr ist wecken, 06:30 Uhr müssen die Koffer vor der Zimmertür stehen, und um 07:30 Uhr startet der Bus zur großen Tour quer durch den Kontinent.

Es ist Wochenende und entsprechender Verkehr herrscht im Fährhafen. Die Insel Vancouver Island ist bevorzugtes Ausflugsziel für Besucher aus nah und fern. 1 14 Stunden braucht die Fähre, bis sie sich zwischen die vielen Inseln und engen Durchfahrten gequält hat. Wir legen in einem Industriehafen in einer kleinen Bucht an.

Spaziergang in den Butchart Gardens Spaziergang in den Butchart Gardens © 1996-2017 Bernd Runde

Durch intensiv landwirtschaftlich genutzte Kulturlandschaft eilen wir zur angeblich größten Sehenswürdigkeit Westkanadas. Zwei Stunden haben wir Aufenthalt in den Butchart Gardens, einem Blumen- und Gartenparadies in einem ehemaligen Steinbruch. Auf der Weiterfahrt in die Stadt halten wir noch kurz am ‘Mile 0’-Gedenkstein, dem Anfang des Transkanada-Highways. In British Columbias Hauptstadt Victoria scheint ein anderer Lebensrhythmus zu herrschen als in Vancouver. Das Leben in der anheimelnden Innenstadt pulsiert wie nirgendwo anders bisher, ohne dabei hektisch zu wirken. Nur wir sind etwas in Hektik. Schon eine Stunde nach unserer Ankunft im Hotel müssen wir um 16:10 Uhr los, um die Boote für einen extra gebuchten Ausflug zur Walbeobachtung zu erreichen.

Hier beginnt der Transkanada-Highway Hier beginnt der Transkanada-Highway © 1996-2017 Bernd Runde

Haben wir doch bisher nirgends auch nur einen der hier beheimateten Wale zu Gesicht bekommen. Wir werden hochseetüchtig ausgerüstet, mit wasserdichtem Overall und Schwimmwesten. Am Anleger hören wir noch, wie eine zurückkommende Tour berichtet, dass sie Wale entdeckt haben. Die Spannung auf die Begegnung mit einem Killerwal wächst. Auf die seetüchtigen ‘Zodiacs’ passen 10 Personen.

Im Zodiac hinaus zur Walbeobachtung Im Zodiac hinaus zur Walbeobachtung © 1996-2017 Bernd Runde

Killerwale ganz nah Killerwale ganz nah © 1996-2017 Bernd Runde

Um 17:00 Uhr legen wir ab und in rasender Fahrt, 23 des Schlauchboots schweben über dem Wasser, rauschen wir hinaus aufs offene Meer. Und dann sind sie plötzlich da. Die mächtigen Rückenflossen durchschneiden den Pazifik. Weißgefleckte Riesenleiber steigen aus den Fluten und tauchen ohne einen Spritzer genauso schnell wieder unter. Die furchtlosen Tiere, es scheinen drei Stück zu sein, ziehen auf der Suche nach Nahrung unbeirrt ihre Bahnen. Wir sind ihnen manchmal so nahe, dass die ersten Befürchtungen laut werden, das Boot könnte kentern. Es ist ein erhebendes Gefühl, die mächtigen Körper, spätestens nach 7 Minuten müssen sie zum Atmen wieder auftauchen, elegant dahingleiten zu sehen. Wir sind fasziniert.

Imposanter Anblick - Orkas ziehen ihre Bahn Imposanter Anblick - Orkas ziehen ihre Bahn © 1996-2017 Bernd Runde

Nach so viel Glück steuert unser Führer das Boot noch einmal ins offene Meer hinaus. Wir fahren zum Rock Point, einer kleinen Inselgruppe zwischen Vancouver Island und dem Festland. Auf den kleinen Felseninseln versammeln sich jeden Winter bis zu 70.000 Seelöwen. Die ersten Vertreter sind schon eingetroffen. Mit ihnen tummeln sich Hunderte von Robben der verschiedensten Gattungen auf dem nackten Felsen. Das Geschrei übertönt jede Unterhaltung im Boot.

Seelöwen am Rock Point Seelöwen am Rock Point © 1996-2017 Bernd Runde

Im Eiltempo gleitet das Boot zurück zum Ausgangspunkt der Fahrt, wo wir erst nach 20:00 Uhr eintreffen. Frischgemacht und geduscht machen wir uns zu einem Abendbummel auf. Zunächst gehen wir aber in einem nahen Restaurant zum gepflegten Dinner. Bei sommerlich angenehmen Temperaturen bummeln wir dann durch die City. Erst um 23:00 Uhr finden wir ins Bett, obwohl für den nächsten Tag frühe Abfahrt angesagt ist.

In der City von Victoria In der City von Victoria © 1996-2017 Bernd Runde

Um die erste Fähre am Morgen zu erreichen, startet der Bus wirklich schon um 07:00 Uhr. 2 12 Stunden später beginnt dann die eigentliche Fahrt quer durch den Kontinent. In Hope am Frazer River wird ein kurzer Lunchstopp eingelegt, ehe wir die Okanagan-Region, ein riesiges Obst- und Gemüsebau-Zentrum im südwestlichen British Columbia, erreichen. Auch beim folgenden Aufenthalt in Keremeos reicht die Zeit nicht, um sich einen Eindruck von Land und Leuten zu machen. Es wird frisches Obst eingekauft und weiter geht die Fahrt.

Wegen einer Sportveranstaltung stoßen wir allenthalben auf Straßensperren. Es sind viele Radrennfahrer unterwegs. Als wir Penticton erreichen, gibt es Probleme unser Hotel zu erreichen, die ganze Stadt ist abgesperrt. Als wir auf Umwegen endlich am Okanagansee und unserem Hotel ankommen, herrscht dort eine unbeschreibliche Hektik.

Volksfestartige Stimmung mit Getränke- und Hamburgerbuden rund ums Hotel. Aus Lautsprecheranlagen mit einigen tausend Watt dröhnt Musik und die Stimme eines sich überschlagenden Ansagers, der die am Ziel eintreffenden Sportler begrüßt und bejubelt. In Penticton findet die diesjährige ‘Ironman’-Weltmeisterschaft statt. Bis nach Mitternacht dauert dieser Trubel an. Wir haben ein Zimmer direkt über der Lautsprecheranlage und können die halbe Nacht kein Auge schließen. Ein Zimmertausch ist nicht möglich, da durch Sportler und Begleitpersonal alles belegt ist. Als Entschädigung erhalten wir einen Obstkorb. Bei der Abreise entschuldigt sich die Hotelleitung für die Unannehmlichkeiten mit einem Apfel für jeden Businsassen.

Am langgestreckten Okanagansee entlang führt die Straße nach Norden. Auch die herrliche Landschaft des Okanagantals können wir nur durch die getönten Fenster des Busses genießen. Unser Eindruck, dass bei dieser Reise niemand daran interessiert ist, dass wir Kanada hautnah erleben, verstärkt sich in Kelowa.

Neubauten am Okanogan-See in Kelowna Neubauten am Okanogan-See in Kelowna © 1996-2017 Bernd Runde

Der Bus hält inmitten eines Industriegebietes, wo wir für die Teilnahme an einer kostenpflichtigen Weinprobe für 45 Minuten den Bus verlassen dürfen. Wir waren so begeistert von der kleinen anmutigen Stadt, dass wir auf die Weinprobe pfeifen und zu einem Spaziergang aufbrechen. Unterwegs schließt sich uns noch ein anders Pärchen an, das unsere Einstellung teilt. Wir bummeln durch ein Neubaugebiet mit Appartementhäusern direkt am See. Die Häuser liegen alle am Wasser, denn die ganze parkartig angelegte Siedlung wird von Kanälen durchzogen. Jedes Haus hat einen eigenen Bootsanleger. Einfach zauberhaft schön diese Oase inmitten der sonst braungebrannten trostlosen Landschaft. Auf Drängen aller Reisenden halten wir anschließend noch kurz für einen Spaziergang im zentral gelegenen Park am Hafen von Kelowna.

Uferpromenade am Okanogan-See in Kelowna Uferpromenade am Okanogan-See in Kelowna © 1996-2017 Bernd Runde

Auch unser nächster Halt offenbart wenig von der überwältigenden Landschaft Kanadas. Lunchrast an einem Shopping Centre in Vernon. Zu einem Spaziergang hinunter zum Swan Lake reicht die Zeit nur, wenn man auf Einkauf und Lunch verzichtet.

*Malerisch liegt die Stadt Sicamous am weitverzweigten Shuswap Lake. Wir freuen uns alle auf den angekündigten Aufenthalt. Doch was ist das? Der Bus fährt wieder weg vom See, passiert die kleine Stadt und hält dann weit außerhalb in einem kleinen Industriegebiet vor dem Anwesen einer Milch- und Molkereifarm. Der Grund für diese Einlage: „Hier gibt es das beste Eis in ganz British Columbia!” Damit steht für uns fest, wir werden von Kanada nur die Stellen zu sehen bekommen, an denen Reiseleiter und Busfahrer vermutlich Provision für die herangeschleppten Touristen kassieren.*

Etwas abseits dieses nicht gerade einladenden staubigen Aufenthalts legen wir uns bei strahlendem Sonnenschein in eine Wiese voller bunter Blumen am nahen Eagle River.

Weiter folgen wir der Route der alten Transkanada-Eisenbahn durch enge Täler und Schluchten. Mitten in dieser Einsamkeit liegt eine der historischen Gedenkstätten aus Kanadas junger Vergangenheit, „Die letzte Schwelle”. Das ist der Punkt, an dem sich die Bautrupps aus Ost und West trafen, um mit der letzten Schwelle den Bau der Eisenbahnverbindung vom Atlantik zum Pazifik zu beenden. Nur noch wenige Kilometer sind es dann bis zum heutigen Quartier in ‘Three Valley Gap’.

Hotelanlage am 'Three Valley Gap' Hotelanlage am ‘Three Valley Gap’ © 1996-2017 Bernd Runde

Drei enge Schluchten treffen hier aufeinander und markieren die einzige Stelle, an der die hohen Berge der Rocky Mountains passierbar waren. Neben der Eisenbahn zwängt sich heute auch noch der Highway Nr. 1 durchs Tal. Am Three Valley Lake ist aus dem früheren Handelsposten ein großes Hotel entstanden. Der anwachsende Tourismus macht’s möglich. Auch hier nehmen wir an den angebotenen ‘Attraktionen’, der Besichtigung alter Baumaschinen, einem Barbecue und der Einmann-Westernshow, nicht teil. Unser Nachmittagsprogramm heißt Baden im eiskalten Three Valley Lake. Im kristallklaren Gletscherschmelzwasser des Sees zu schwimmen, erfordert wirklich einige Überwindung. Das anschließende Sonnenbad wärmt den Körper aber schnell wieder durch. Wir genießen den Aufenthalt in der freien Natur.

In der Natur des Nationalparks In der Natur des Nationalparks © 1996-2017 Bernd Runde

Der neue Tag (27.08.1996) führt uns dann doch noch in die einmalige Natur der Rocky Mountains. Im Mount Revelstoke Nationalpark wandern wir auf einem Trampelpfad durch den ursprünglichen Cedarwald mit seinen moosüberwucherten Baumriesen. Am Rogerspass wandern wir, uns laut unterhaltend, um nicht doch ‘mal von einem Bär überrascht zu werden, durch den dunklen Wald. Tal und Pass werden von gletscherbedeckten 3000ern überragt. Natural Bridge und der zauberhafte Emerald Lake geben eine ersten Eindruck von den Naturschönheiten dieser einzigartigen Landschaft. Bevor wir den von Banff nach Jasper führenden Icefield Parkway erreichen, passieren wir noch den Yoho Nationalpark und die Grenze nach Alberta.

Am Emerald Lake Am Emerald Lake © 1996-2017 Bernd Runde

Leider wird auch hier in Kanada viel dieser Einmaligkeit für Straßenbau und touristische Einrichtungen geopfert. Rigoros opfert man unwiederbringliche Naturschönheiten, um den Touristen andere Naturschönheiten zu zeigen. Schizophrene Welt, wer den Wald liebt, muss doch nicht mit dem Auto durchfahren.

Der Icefield Parkway, dem wir nach Norden folgen, wird stellenweise zur vierspurigen Autobahn ausgebaut. Diese wirklich faszinierende Natur zu genießen, besteht aus einem kurzen Photostop an einer der vielen Parkbuchten. So geht es auch uns. Der Krähenfuß-Gletscher ist einer dieser Haltepunkte. Am Peytosee haben wir, nach dem obligatorischen Foto vom View Point, wenigstens Zeit für einen 20-minütigen Spaziergang durch die niedrig wachsende Hochgebirgsflora.

Streifenhörnchen Streifenhörnchen © 1996-2017 Bernd Runde

Um 18:00 Uhr erreichen wir das Saskatchewan Crossing Motel, ca. 40 km nördlich von Banff. Es ist noch Zeit für eine ausgedehnte Wanderung zum North Saskatchewan River. Breit und träge wälzt sich der Fluss durch das weite Tal. Bei dem niedrigen Wasserstand jetzt im Hochsommer, verzweigt er sich in viele kleine durch Sandbänke getrennte Arme. Durch diesen Umstand bot das breite Tal in früheren Zeiten eine ideale Übergangsstelle für die Pioniere der Jahrhundertwende. Daraus resultierte dann auch der Name für diesen Ort und die inzwischen zum Motel erweiterte Raststelle, ‘The Crosssing’.

Saskatchewan River Crossing Saskatchewan River Crossing © 1996-2017 Bernd Runde

Der warme Abend, der uns zum Spaziergang animierte, hat allerdings auch andere Bewohner des Flusstals auf den Plan gerufen. Unvermittelt werden wir von Heerscharen von Mücken attackiert. Unsere Mückennetze sind im Hotel, so bleibt uns nur, mit wedelnden Armen die Flucht zu ergreifen.

Nach Norden führt der Icefield Parkway (28.08.1996) in den Jasper Nationalpark. Wir halten an der riesigen Lodge in einem weiten Talkessel, dessen Panorama vom Mount Athabasca, dem Athabasca-Gletscher, dem Snow Dome und dem Dome-Gletscher beherrscht wird. Von hier werden wir mit einem Bus der Nationalpark-Verwaltung zum Fuß des Athabasca-Gletschers gebracht. Mit Spezialfahrzeugen, den Snowcoaches, die extra zum Befahren des Gletschers gebaut wurden, geht es dann auf einer ins Gletschereis gefrästen Straße einige 100 Meter über die untere Gletscherzunge. Man kann sich der Faszination, auf Jahrhunderte altem Eis zu stehen und die Schmelzwasser gurgelnd in hellblauen Spalten und Löchern verschwinden zu sehen, natürlich nicht entziehen.

Er wird immer kleiner - Der Athabasca-Gletscher Er wird immer kleiner - Der Athabasca-Gletscher © 1996-2017 Bernd Runde

Schon vor 15 Jahren waren wir erstaunt, mit welcher Unbekümmertheit der Athabasca-Gletscher als Touristenattraktion missbraucht wurde. Heute sind wir allerdings erschrocken. Als wir wieder die Lodge erreichen, stehen dort mindestens 20 Reisebusse und unzählige Pkw und Wohnmobile. Diese mehr als 1.000 Menschen werden täglich auf den Gletscher gebracht und wandern dort über das Eis.

Zertrampelte Schönheit Zertrampelte Schönheit © 1996-2017 Bernd Runde

Die Tour geht weiter zu den Sunwapta-Wasserfällen. Von ohrenbetäubendem Getöse begleitet, donnern unbeschreibliche Wassermassen durch eine enge Felsschlucht und über hohe Felskanten. Vom oberen Rand der Schlucht blicken wir hinab auf das Naturschauspiel. Wir folgen dem Wasserlauf auf einem kleinen Trampelpfad und über Holzbrücken und bestaunen die Kraft, mit der das Wasser in Jahrtausenden seinen Weg in den Fels gesägt hat. Ein kurzer Fußweg führt zu einer nahen Lodge am Highway, wo wir zum Lunch einkehren, bevor wir ins nahe Jasper weiterfahren.

Jasper, ein kleines beschauliches Städtchen in den nördlichen Rocky Mountains, ist Ausgangspunkt für Touren in den Nationalpark. Wir schlendern bei immerhin 30°C durch die überwiegend von Touristen bevölkerte Innenstadt mit ihren bunten Holzhäusern. Zum Lunch landen wir in einem kleinen Café. Vom blumengeschmückten schmalen Balkon im 1. Stock kann man wunderbar den Betrieb in der Hauptstraße beobachten.

Die 50 bis 60 Meter tiefen Schluchten des Maligne River Die 50 bis 60 Meter tiefen Schluchten des Maligne River © 1996-2017 Bernd Runde

Vom Highway Nr. 16 in Richtung Edmonton zweigt eine kurze Stichstraße zu einem weiteren Naturschauspiel des Nationalparks ab, den Schluchten des Maligne River. Am nördlichen Ende des Maligne Lake hat sich der Fluss bis zu 50…60 Meter Tiefe in das Kalkgestein gefressen, tief unten toben die Wassermassen, stürzen in Kaskaden über Abbrüche und zwängen sich schäumend durch schmale Durchbrüche. Nach ca. 2 km, wir folgen auf einem schmalen Waldweg der Schlucht, öffnet sich die Landschaft und der reißende Fluss ergießt sich in den Medicine Lake.

Was kann faszinierender sein, als die Urgewalt eines reißenden Flusses, der sich seinen Weg durch die schroffe Wildnis einer unberührten Gebirgswelt bahnt? Uns ist es nicht zuviel, als wir zum Tagesabschluss noch die Athabasca-Fälle besuchen. Auch hier pressen sich gewaltige Wassermassen durch eine enge Schlucht, stürzen als Wasserfälle über Steilstufen und bilden sich anschließend zum träge dahinfließenden Athabasca River zurück, um ihren noch über 1.000 km langen Weg in den Athabasca Lake fortzusetzen.

Erhabene Natur am Lake Louise Erhabene Natur am Lake Louise © 1996-2017 Bernd Runde

Es folgt noch ein Tag (29.08.1996) in den Rocky Mountains. Am Lake Louise haben wir Zeit für eine ausgedehnte Wanderung. Der malerisch am Fuße des Mount Victoria mit seinem mächtigen Gletscher gelegene See strömt eine solche Ruhe und Erhabenheit aus, dass selbst die unzähligen Japaner diese Stimmung nicht beeinflussen können.

'Typisch Kanada' - Alphorn und Japaner am Lake Louise ‘Typisch Kanada’ - Alphorn und Japaner am Lake Louise © 1996-2017 Bernd Runde

Streifenhörnchen Streifenhörnchen © 1996-2017 Bernd Runde

Noch enger von steilen eisgekrönten Gerggipfeln eingeschlossen, liegt etwas abseits der Moraine Lake. Die Sonne strahlt, im blaugrünen Wasser spiegeln sich die dunklen Wälder und die majestätischen Gipfel. Wir möchten bleiben, wenigstens 3 oder 4 Wochen, bis der nordische Winter diese ganze Pracht wieder in seinen tödlichen Eismantel hüllt.

Tannenhäher Tannenhäher © 1996-2017 Bernd Runde

Einziartige Natur rund um den Lake Louise Einziartige Natur rund um den Lake Louise © 1996-2017 Bernd Runde

Auf Banff haben wir uns aber auch gefreut, verbindet uns mit dieser Stadt doch die Erinnerung an einmalig schöne Stunden. Das warme sonnige Wetter trägt natürlich auch seinen Teil zu unserer ausgelassenen Stimmung bei. Die 1 12 Stunden Freizeit nutzen wir für einen kurzen Stadtbummel. Auch Geldnachschub muss noch gemanagt werden.

Banff Banff © 1996-2017 Bernd Runde

Gar nicht so einfach, mit der Kreditkarte an Bares zu kommen. Es hat sich viel geändert seit damals vor 15 Jahren. In der Stadt herrscht reger Betrieb. Die Gemütlichkeit ist dahin. Ein Glück, dass wir nicht erst auf die letzte Minute zum Lunch gehen. Hektik ist nicht angebracht, darüber kann auch die ausgesprochen freundliche Bedienung nicht hinwegtäuschen. Allerdings ist das Essen auch so ausgezeichnet, dass man sich seine Zeit dafür nehmen sollte. Aber für uns steht die Abfahrtzeit des Busses fest, und zum Treibenlassen fehlt einfach die Zeit.

Blick auf Banff vom Sulphur Mountain Blick auf Banff vom Sulphur Mountain © 1996-2017 Bernd Runde

Als es weitergeht, kann Hugo berichten, dass er einen Zahnarzttermin in Calgary arrangiert hat. Damit steht das Abendprogramm auch schon fest. In Calgary haben wir dann gerade noch 1 Stunde für einen Einkaufsbummel in der nahen Mall. Von 19:00 bis 20:30 Uhr lasse ich dann meine entzündete Zahnwurzel behandeln. Die Sprechstundenhilfe lässt es sich nicht nehmen, uns anschließend zur Apotheke und ins Hotel zu fahren.

Stadtbesichtigung steht nicht im Programm, deshalb geht’s am Morgen (30.08.1996) auf dem Highway sofort aus der Stadt. Nördlich von Calgary steuern wir eine Hutterer Kolonie an, die ‘Fair View Colony’. Dort können wir uns mit dem Leben dieser deutschsprachigen Enklave vertraut machen. Es ist ein bleibender Eindruck, zu sehen und zu erleben, wie am Ende dieses Jahrhunderts ein Gemeinwesen mit Riten und Bräuchen aus dem vorigen Jahrhundert lebt, ohne die wirtschaftlich notwendigen Zugeständnisse an die heutige Zeit zu leugnen. Fast 2 Stunden halten wir uns auf, und sind letztendlich tief beeindruckt, auch wenn wohl keiner tauschen möchte.

Kinder der Hutterer-Kolonie 'Fair View' Kinder der Hutterer-Kolonie ‘Fair View’ © 1996-2017 Bernd Runde

Östlich von Calgary befindet sich ein Landstrich von einzigartiger Trostlosigkeit, die Badlands. Wäre da da nicht der Deer River, man könnte wirklich meinen, auf dem Mond zu sein. Ihre Einzigartigkeit erhält diese Region aber durch die einmaligen Funde aus prähistorischer Zeit.

Die Badlands - Einst die Heimat von Dinosauriern Die Badlands - Einst die Heimat von Dinosauriern © 1996-2017 Bernd Runde

Im Paläontologischen Museum in Drumheller sind die Kostbarkeiten zusammengetragen und ausgestellt, die einen einzigartigen Einblick in die Zeit der Dinosaurier gestatten. Man muss aber nicht ins Museum, ein Rundgang durch das trockene Flusstal und durch die eigentümlichen geologischen Formationen der Badlands, lässt den Ausflug in die Vergangenheit viel hautnaher erleben. Bei brütender Hitze erwartet man hinter jedem Felsvorsprung die Begegnung mit einem Dinosaurier. Es ist im wahrsten Sinn des Wortes ‘schaurig schön’. An den ‘Hoodoos’, Sandsteinsäulen mit einem nicht erodierten Kalksteindeckel, gewinnen wir noch einen Eindruck von den Naturgewalten, die diese Landschaft seit Jahrtausenden formen.

'Hoodoos' im Tal des Deer River in den Badlands ‘Hoodoos’ im Tal des Deer River in den Badlands © 1996-2017 Bernd Runde

Nur wenige Kilometer weiter, auf schmalen Landstraßen nähern wir uns wieder dem Highway, verändert die Landschaft ihr Gesicht total. Nichts mehr von der grandiosen Kulisse der Rocky Mountains. Das wellige Hügelland wird zunächst von weitläufigen Weizenfeldern beherrscht und geht allmählich in Prärie- und Grasland über. Es ist nicht feststellbar, ob das Land noch nicht oder nicht mehr landwirtschaftlich genutzt wird. Geld lässt sich heute einfacher verdienen, wie die zahllosen nickenden Ölpumpen beweisen, die den Reichtum von Alberta dokumentieren.

Bald erreichen wir unser Tagesziel Medicine Hat. Es ist immer noch heiß. Wir zupfen ‘mal wieder die feinere Garderobe aus dem Koffer und gehen gepflegt zum Dinner. Ein abendlicher Spaziergang rund um das abseits gelegene Hotel soll eigentlich den Tag beschließen. Wir sind aber so in Hochstimmung, dass wir stattdessen in der Hotelbar landen.

Kein Baum oder Strauch spendet Schatten in der weiten gelb-braunen Prärie auf der Weiterfahrt (31.08.1996) zur Grenze nach Saskatchewan. Vereinzelte kleine Rinderherden sind die einzige Abwechslung in dieser Monotonie. Im Visitor Centre bei Maple Creek versorgen wir uns mit aktuellem Informationsmaterial. Es ist noch nicht auszumachen, dass Saskatchewan die Kornkammer Kanadas ist. In Swift Current verrät nur der Name des großen außerhalb der Stadt gelegenen Einkaufszentrums ‘Wheatland Mall’, dass wir uns wohl im Herzen des kanadischen Weizenlandes befinden müssen.

Auf der Strecke schimmern viele weißverkrustete Salzseen in der flimmernden Hitze. Am Chaplin Lake halten wir kurz an Kanadas größter Soda-Gewinnungsanlage. Erst ab Moose Jaw bekommt man den richtigen Eindruck von Kanadas Kornkammer. Das Land ist flach und soweit das Auge reicht von goldgelben Weizenfeldern bedeckt.

Wir sind fast ohne Halt über den überwiegend 4-spurig ausgebauten Highway gerauscht, weil angeblich die Zeit drängt. So sind wir schon um 16:00 Uhr in Regina vor den Toren des Hauptquartiers der RCMP (Royal Canadian Mounted Police). Wegen anderer Veranstaltungen muss das geplante Besichtigungsprogramm aber leider ausfallen. Das ist Reiseplanung auf kanadisch. Als Ersatz besuchen wir das RCMP-Museum, in dem Historie und alte Ausrüstungen einen Überblick über die 100-jährige Geschichte der berittenen Polizei vermitteln.

Das Parlamentsgebäude in Regina Das Parlamentsgebäude in Regina © 1996-2017 Bernd Runde

Auf der Fahrt zum Hotel dürfen wir uns vor dem Parlamentsgebäude noch etwas die Beine vertreten. Um das farbenfrohe Treiben auf dem Wascana-See zu verfolgen, dort finden attraktive Ruderbootrennen statt, reicht die Zeit aber trotzdem nicht. Damit ist das offizielle Programm dann beendet.

Vom Hotel aus unternehmen wir Zwei noch eine ausgedehnte Wanderung rund um den Wascana-See. Wir lassen uns treiben, mischen uns unter die Zuschauer bei den ‘dragon boats’, beobachten die kanadischen Wildgänse am Seeufer und landen schließlich auf der entgegengesetzten Seeseite wieder am Parlament. Dort herrscht Hochbetrieb. In allen Parks, auf den Stufen des Hauptportals und vor den Seitenflügeln posieren Brautpaare mit Ihren Gästen zum Familienphoto. Man könnte meinen, Hochzeiten werden nur an einem Tag in der Woche ausgerichtet.

(01.09.1996) Hecken und kleine Wälder lockern östlich von Regina das sonst monotone Landschaftsbild etwas auf. Ab Indian Head beherrschen dann wieder die unendlichen, bis zum Horizont reichenden golggelben Weizenfelder das Land. Und schon wieder passieren wir eine Grenze und sind in Manitoba. Dass man von einem Land ins andere wechselt, merkt man nur daran, dass jeweils kurz hinter der Grenze eine ‘visitors info’ den Reisenden mit Material über Land und Leute versorgt. Mitten auf der Strecke, es könnte in der Nähe von Brandon gewesen sein, kehren wir zum Lunch in ‘Harry’s Ukrainian Inn’ ein. Mit leckeren Spezialitäten aus Osteuropa werden wir verwöhnt. Aber die Zeit drängt schon wieder, schließlich will der Busfahrer auch mal Feierabend haben, zumal die Uhren gerade eine Stunde vorgestellt wurden. Bei bedecktem Himmel erreichen wir Winnipeg um 15:30 Uhr.

Das Parlamentsgebäude von Manitoba in Winnipeg Das Parlamentsgebäude von Manitoba in Winnipeg © 1996-2017 Bernd Runde

Wir machen uns wieder zu einem Stadtspaziergang auf. Kreuzweise geht’s durch die Innenstadt bis zum Parlament, vorbei an einem historischen Hotel und weiter bis zum Red River. Dessen Ufer folgen wir bei leichtem Nieselregen bis in das ehemalige Hafen- und Industriegebiet ‘The Forks’. Hier ist aus Stahl und Glas ein interessanter Markt-, Einkaufs- und Schlemmerkomplex entstanden. Hugo kommt plötzlich auf uns zu und will uns zu einem Restaurantbesuch überreden, wir beschließen aber statt dessen lieber unseren Bummel fortzusetzen.

Kanada verschließt sich unserem Blick (02.09.1996). Dichter undurchdringlicher Nebel hüllt das Land ein und verwehrt uns jegliche Sicht. Erst beim obligatorischen Halt hinter der Grenze zu Ontario kommt die Sonne etwas zum Vorschein. Wieder erleben wir ein anderes Kanada. Es scheint, als ob wir uns über eine riesige Granitplatte bewegen. Überall liegt der nackte Fels des Festlandsockels frei. Die Trasse des Transkanada-Highway ist stellenweise in die Kuppen der Granitfelsen gesprengt. In die wellige, von den Gletschern der letzten Eiszeit glattgeschliffene Erdoberfläche eingebettet, beleben Hunderte von kristallklaren Seen die Landschaft. Über 20% der Fläche des Staates Ontario wird von Seen bedeckt.

Die Kakabeka-Wasserfälle im Dog River Die Kakabeka-Wasserfälle im Dog River © 1996-2017 Bernd Runde

Dort, wo sich Erdkrume sammeln konnte, wachsen dichte Nadel- und Mischwälder bis an die Ufer der Seen. Die heutige Etappe ist sehr lang. So nimmt es nicht Wunder, dass wir nur für ½ Stunde an den Kakabeka-Wasserfällen halten. Auch hier bildete diese Unterbrechung des Flusses durch die Fälle, es ist der Dog River, eine unüberwindbare Barriere für die Trapper der frühen Jahre. Sie mussten Kanus und Ladung weite Wege über Land tragen (Portage). Wie schnell wir uns durchs Land bewegen, ist auch daran zu ermessen, dass wir erneut die Uhren um eine Stunde vorstellen müssen. Um 18:45 Uhr erreichen wir Thunder Bay am Lake Superior. Das Hotel liegt wieder weit außerhalb der Stadt am Rande eines Industriegebietes. Wieder sind wir von allen Möglichkeit für Privatinitiativen abgeschnitten.

Auch den folgenden Tag (03.09.1996) starten wir bei dichtem Nebel. Man spürt die Nähe des vielen Wassers der nordamerikanischen Seenplatte. Wir halten kurz an der Jerry-Fox-Gedenkstätte, der Kultstätte eines kanadischen Nationalhelden, der trotz eines Krebsleidens den Kontinent zu Fuß durchqueren wollte. Auch für einen Aufenthalt bei einem Mineraliensammler reicht heute die Zeit noch. In Schreiber steuern wir einen Supermarkt an, um uns mit Proviant für ein geplantes Picknick zu versorgen. Kaum haben wir unsere Einkäufe im Bus verstaut, beginnt es, ganz heftig zu regnen. Dieser Regen begleitet uns bis hinter White River.

Der Reiseleiter plant schon mit dem Busfahrer die Fahrt zu einem Ausweichplatz, als der Himmel aufreißt und damit das Picknick in O’Brian am White River gesichert ist. Wir sind mitten in der freien Natur, wo am Flussufer ein Bär die Abdrücke seiner Tatzen und die Reste einer Lachsmahlzeit hinterlassen hat. Über diese urige Belebung, der sonst doch recht monotonen Fahrerei, sind alle froh, und so genießen wir diesen Aufenthalt besonders.

Beim nächsten Halt in Wawa, der Stadt der kanadischen Wildgänse, können wir den Bus allerdings schon wieder nur mit dem Regenschirm verlassen. Das ‘Agawa Indian Crafts’-Shopping Centre bietet Gelegenheit, endlich auch ‘mal nach Souvenirs zu suchen. Von magischen Kräften getrieben, strolche ich, ganz gegen meine Gewohnheit, durch die Blockhütten mit der riesigen Auswahl an Lederwaren. Für sagenhafte 19,– Can-$ erstehe ich ein Paar exquisiter Lederhandschuhe. Um 18:30 Uhr erreichen wir das am östlichen Ufer des Lake Superior gelegene Sault Saint Marie. Unser Hotel liegt direkt am Saint Marys River, der Verbindung des Lake Superior mit dem Lake Michigan.

Abendstimmung am Saint Marys River in Sault Saint Marie Abendstimmung am Saint Marys River in Sault Saint Marie © 1996-2017 Bernd Runde

Endlich einmal wieder ein Hotel, von dem aus man etwas unternehmen kann. Wir ziehen sofort los und mischen uns unter die vielen abendlichen Spaziergänger auf der Uferpromenade. Reger Verkehr herrscht auf der Brücke über den Fluss, der Kanada und die USA trennt. Im Licht der sich senkenden Sonne schweben Wildgänse zu ihren Übernachtungsplätzen. Mit unvorstellbarer Geschwindigkeit rauscht das Wasser des St. Marys River dem tiefer liegenden Huron Lake entgegen. Zum Tagesabschluss treffen wir uns noch mit einem mitreisenden Ehepaar an der Hotelbar.

Um den großen Bogen um den Huronsee einzusparen (04.09.1996), werden wir den See an seiner engsten Stelle mit der Fähre überqueren. Wegen der Abfahrtszeit der Fähre brechen wir später als üblich auf. Am nördlichen Seeufer legen wir um 11:00 Uhr in Blindriver einen kurzen Einkaufshalt ein. Zum Lunch erreichen wir Espanola. Weiter geht es dann südwärts über kleine Inselchen, Dämme und Brücken auf die Insel Manitoulin Island. Leider reicht auch hier die Zeit wieder nur für einen kurzen Aufenthalt an einem von Indianern betriebenen Souvenirladen.

Zwei Stunden, von 15:50 bis 17:30 Uhr, dauert die Überfahrt von South Baymouth nach Tobermory. In Owen Sound, einer hübschen kleinen Stadt am südöstlichen Zipfel des Huronsees, kommen wir um 19:20 Uhr an. Unser Hotel, das Days Inn, liegt wieder weit außerhalb der Stadt und fern vom See.

(05.09.1996) Man merkt, dass wir langsam in den dichter besiedelten Osten des Kontinents vorstoßen. Wir durchqueren reiches landwirtschaftlich genutztes Gebiet mit riesigen Obstplantagen. Am Südufer der Georgian Bay entlang fahren wir durch die Badeorte der Nottawasaga Bay Richtung Midland. Hier entstand zwischen 1639 und 1648 die erste Missionsstation nördlich des Sankt-Lorenz-Stromes, die Jesuiten-Mission ‘Sainte-Marie-Among-the-Hurons’. Die gut restaurierte über 300 Jahre alte Mission vermittelt einen interessanten Einblick in die frühe Geschichte der Pioniere auf dem beschwerlichen Weg gen Westen.

Jesuiten-Mission ‘Sainte-Marie-Among-the-Hurons’ Jesuiten-Mission ‘Sainte-Marie-Among-the-Hurons’ © 1996-2017 Bernd Runde

Weiter geht es über einen gut ausgebauten Highway nach Süden. Im großen Bogen umfahren wir Toronto und erreichen den Lake Ontario. Um 14:50 Uhr erreichen wir bei trübem Wetter Niagara Falls. Ausgestattet mit knöchellangen Regenumhängen fahren wir mit der ‘Maid of the Mist’ mitten hinein in die tosende Gischt des kanadischen Niagarafalls.

Die 'Kanadischen' Niagara-Wasserfälle Die ‘Kanadischen’ Niagara-Wasserfälle © 1996-2017 Bernd Runde

Mit ohrenbetäubendem Gedonner rauschen die Wassermassen über die Felskante …zig Meter über uns. Dass zwischenzeitlich zusätzlich noch ein heftiger Regenguss über uns niedergeht, merken wir erst, als bei der Rückfahrt noch immer Feuchtes auf uns niederprasselt. Wir sind patschnass. Aus den Schuhen müssen wir das Wasser ausschütten. Unsere Gummistiefel schlummern gut verstaut im Koffer. Zunächst müssen wir also ins Hotel, um uns wieder trockenzulegen.

Mit ohrenbetäubendem Gedonner rauschen die Wassermassen über die Felskante Mit ohrenbetäubendem Gedonner rauschen die Wassermassen über die Felskante © 1996-2017 Bernd Runde

Der Regen hat aufgehört und einem ausgiebigen Bummel auf der Uferpromenade steht nichts mehr im Wege. Wir gehen auf individuelle Entdeckungstour und bummeln bei 20°C bis zum Felsabbruch des Niagara River, wo die Wassermassen des breiten Flusses in die Tiefe stürzen. Die Fälle sind wirklich beeindruckend. Durch rigorose Wasserentnahme aus dem amerikanischen Arm des Niagara River, merkt man diesem Teil des Falles aber deutlich an, dass er mit gebremster Leistung zu Tale stürzt. Es reicht gerade noch, um Touristen anzulocken.

Zum Dinner kehren wir in einem Terrassen-Restaurant ein, von wo man die ganze Pracht der Fälle im Blick hat. Nach Einbruch der Dunkelheit gehen überall am Ufer große Scheinwerferbatterien in Betrieb. Amerikanisch kitschig wechselt die Farbe des Lichtes alle 10 Sekunden. Die Schönheit der imposanten Natur wird durch Menschenhand zum ‘Kunst’-Objekt verschandelt.

'Kunst' mit buntem Licht ‘Kunst’ mit buntem Licht © 1996-2017 Bernd Runde

Der neue Tag (06.09.1996) wird uns in die kanadische Metropole Toronto führen. Zunächst wollen einige Reiseteilnehmer aber noch einen Hubschrauber-Rundflug absolvieren. Für alle Anderen bietet sich deshalb Gelegenheit für einen Aufenthalt am ‘Whirlpool’. Wo der Niagara River auf seinem Weg zum Ontariosee einen scharfen Rechtsknick macht, haben die Wassermassen einen riesigen Kessel in den Fels gesägt. Das Wasser brodelt und schäumt, als ob ein Feuer den großen Wassertopf zum Kochen bringt.

Historische Kabinenbahn über dem 'Whirlpool' Historische Kabinenbahn über dem ‘Whirlpool’ © 1996-2017 Bernd Runde

Auf der Weiterfahrt halten wir noch an einer Blumenuhr, einem Relikt einer früheren Weltausstellung. In Niagara-on-the-Lake haben wir 2 Stunden Aufenthalt für einen kleinen Stadtbummel und zum Lunch. Auch hier reicht die Zeit nur, um die Hauptstraße dieser entzückenden Kleinstadt einmal ‘rauf und ‘runter zu spazieren. Um 16:00 Uhr erreichen wir unser Hotel in der City von Toronto.

Ohne Kamera, einfach nur so zum einstimmen, brechen wir zu einem Erkundungsgang auf. Obwohl das Großstadtleben pulsiert, strahlt die Stadt eine anheimelnde Atmosphäre aus. Queenstreet ist das Zentrum der Stadt. Am alten und dem neuen Rathaus vorbei erreichen wir das Einkaufsviertel im Eaton-Komplex. Wir wandern dann noch die University Street hinauf bis zum Provinzial-Parlament.

Toronto Eaton Place Toronto Eaton Place © 1996-2017 Bernd Runde

Unser Quartier für die letzte Etappe unserer Reise, das Hotel Colony, liegt direkt gegenüber vom ‘Metropolitan’. Gleich nach dem Frühstück (07.09.1996) klären wir vorsichtshalber unsere Reservierung dort ab und erhalten sogar schon ein riesiges Paket mit den kompletten Reiseunterlagen für Ostkanada.

Wie gut, dass wir gestern schon losgezogen sind. Als wir um 09:00 Uhr zur Stadtrundfahrt aufbrechen, gießt es in Strömen. Außerdem, wie sollte es auch anders sein, haben wir kaum Gelegenheit den Bus zu verlassen, es ist eben eine Stadtrund-’Fahrt’. Allerdings, der Blick vom neben dem Sky Dome gelegenen CN Tower auf die direkt am Ontariosee liegende Metropole ist faszinierend.

Die alte Universität erinnert mit ihren alten viktorianischen Gebäuden an die altehrwürdigen Colleges in Cambridge in England. Über Yorkville, eine zum Yuppyviertel avancierte alte Vorstadtsiedlung, vorbei an der Casa Loma und durch Chinatown erreichen wir um 12:00 Uhr wieder unser Hotel und beenden damit das offizielle Programm ‘Discover Canada’.


24 Tage im Mietwagen durch den Osten Amerikas - ‘Americas First Frontiers’ (6.277 km)

Daten zur Tour ‘Americas First Frontiers’

Das Land zwischen Toronto, Halifax und Montreal

Wie gut, dass wir uns, wo immer möglich, Gelegenheit verschafft haben, etwas von dem zu entdecken, was der Reiseveranstalter als für Touristen nicht geeignet, gar nicht erst ins Programm genommen hat. Nachmittags bummeln wir noch die Younge Street hinauf bis zu unserem Autovermieter. Was sollen wir schon morgen mit dem Wagen in dieser Stadt, in der man nirgends eine Parkmöglichkeit findet? Wir ändern unsere Reservierung auf den 9. September morgens 07:00 Uhr. Noch einmal schlendern wir durchs Eaton, ehe wir die letzten Vorbereitungen für den folgenden Abschnitt unserer Kanada-Reise treffen.

Altehrwürdige Universitätsgebäude Altehrwürdige Universitätsgebäude © 1996-2017 Bernd Runde

Nichts wie weg (08.09.1996). Wir transportieren unser Gepäck über die Straße und beziehen ein herrliches Zimmer mit Blick auf die City von Toronto. Stadtrundgang heißt unsere Alternative zu einer Busfahrt. Zu Fuß erwandern wir uns all’ die Stellen, an denen wir gestern nur vorbeigefahren sind: Nathan Phillips Square, die University Road bis zum Queens Park, durchs Universitätsgelände (Queens College, Trinity Collage) bis nach Yorkville. Auf dem Rückweg haben wir dann auch das richtige Fotolicht für ein paar Aufnahmen des Parlaments.

Parlament Parlament © 1996-2017 Bernd Runde

Es wird später als geplant (09.09.1996), da wir noch ein ausgiebiges Frühstück auf unserem Zimmer genießen und Christa nicht vor 10:00 Uhr die Stadt verlassen will. Sie hat am Wochenende etwas im Schaufenster eines Geschäftes entdeckt, das erst um 10:00 Uhr öffnet. Um 09:15 Uhr ziehe ich also los, unser Gefährt abholen, es ist ein nagelneuer GM, mit Tachostand 8.130 km.

Toronto Queenspark und University Avenue Toronto Queenspark und University Avenue © 1996-2017 Bernd Runde

Ohne Probleme verlassen wir über den Gardiner Expressway Toronto und umrunden auf dem Queen Elizabeth Way den westlichen Ontariosee. In Niagara-on-the-Lake, direkt an der Mündung des Niagaraflusses in den Ontariosee, machen wir, mit Blick auf den Fluss, ein Freiluft-Picknick am gedeckten Tisch. Über den Niagara Parkway erreichen wir dann Niagara Falls und unser Hotel weit außerhalb der Stadt.

Man merkt, dass die Touristensaison schon zu Ende geht und es kein Wochenende ist. Wir finden sogar einen Parkplatz am Imax-Theater. Von hier spazieren wir zum kanadischen Fall, versuchen, ein paar bessere Bilder von den in den tosenden Fluten tanzenden Booten zu schießen und wollen anschließend auf den Skylon Tower, um das ganze Spektakel aus noch höherer Warte zu erleben. Es fängt schon wieder an zu regnen. So sind wir auch nicht weiter verärgert, als man uns am Skylon Tower unseren Gutschein für eine kostenlose Besteigung nicht einlösen will.

Noch ein letzter Blick in die tosenden Wassermassen Noch ein letzter Blick in die tosenden Wassermassen © 1996-2017 Bernd Runde

Wir wollen heute (10.09.1996) früh los. Es liegt eine lange Strecke vor uns. Leider gestaltet sich das Frühstück zu einer langwierigen Prozedur, weil schon einige Busgruppen vor uns erschienen sind. Bei bedecktem Himmel starten wir dann um 08:10 Uhr. Über die Regenbogenbrücke fahren wir in die USA. In Syracuse füllen wir noch unsere Reisekasse auf und beschaffen uns Informationen über den Staat New York und unser Zielgebiet, den Adirondack Nationalpark.

Die Wolken hängen immer noch tief über den Wäldern des grünen östlichen Staates New York. Am Oneida Lake verlassen wir den Highway, um Ausschau nach einem gemütlichen Platz für das fällige Picknick zu halten. Als wir dann in Constantia direkt am See das geeignete Plätzchen finden, bricht auch die Sonne plötzlich durch. Über eine Stunde genießen wir diesen geruhsamen Aufenthalt in der Abgeschiedenheit der ländlichen Umgebung. In Watertown beenden wir die südöstliche Umrundung des Ontariosees und verlassen die Autobahn endgültig. In östlicher Richtung folgen wir der #3 durch dünn besiedeltes Gebiet. Dichte Wälder und blinkende Seen begleiten uns hinein in den Andirondack Nationalpark.

Am Lake Flower in Saranac Lake Am Lake Flower in Saranac Lake © 1996-2017 Bernd Runde

Wir sind scheinbar noch nicht richtig eingelaufen. Trotz guter Vorbereitung haben wir Schwierigkeiten unser Hotel zu finden. Es liegt nicht in Lake Placid, sondern im 15 km entfernten Saranac Lake, das wie gerade passiert haben. Trotzdem reicht die Zeit noch für einen gemütlichen Abendbummel, ehe wir in einem vorzüglichen italienischen Restaurant einkehren. Das italienische Dinner beschließen wir, wie könnte es anders sein, mit unserem geliebten Espresso.

Das ehemalige Olympiazentrum in Lake Placid Das ehemalige Olympiazentrum in Lake Placid © 1996-2017 Bernd Runde

11.09.1996 Wenn es in Deutschland hauptsächlich durch den Wintersport berühmt wurde, bietet Lake Placid auch dem Sommerfrischler genügend Abwechslung. Aus der Tourist-Info holen wir uns Anregungen für Spaziergänge und Wanderungen. Leider stellen wir bei einer Umrundung des Mirror Lake fest, dass auch hier kaum noch eine Stelle mit öffentlichem Zugang zum See existiert. Es folgt eine mehrstündige Wanderung auf dem Penisula Trail mit wunderbaren Ausblicken auf den Lake Placid. In einem schönen Gartenrestaurant sind wir kurz vor 12:00 Uhr noch nicht willkommen, da man erst um 12:00 Uhr öffnet. So beschließen wir, noch einen kurzen Abstecher in Richtung Whiteface Mountain, dem Gelände der Olympischen Spiele, zu unternehmen. Wir brechen die Fahrt aber ab, da uns kein Hinweisschild verrät, ob wir auf dem richtigen Weg sind und wie weit wir noch fahren müssen. Wir entschließen uns zu einer weiteren Rundfahrt, die uns rund um die Seen westlich von ‘Saranac Lake’ führen soll.

Auch am Tupper Lake finden wir nicht den geeigneten Platz für ein Lunch in freier Natur. Wir drehen noch eine Schleife am Upper Saranac Lake und dem Clear Lake vorbei. In Paul Smith beenden wir diesen Abstecher und fahren zurück nach Saranac Lake. Nach einem kurzen Einkaufsbummel erkunden wir die Gegend rund um unser Hotel.

Ab Lake Placid (12.09.1996) folgen wir dem Ausable River durch ein herrliches mit Laubwäldern bestandenes Tal. Nach einigen Kilometern erreichen wir das olympische Abfahrtsgelände der Whiteface Mountains. Nichts Spektakuläres rund um die Talstation des Liftes, der gerade wegen Inspektion außer Betrieb ist. Hier ist wohl wirklich nur im Winter was los. Durch nette saubere Dörfer folgen wir weiter dem Fluss. Bei Ausable Chasm überquert die Straße eine tiefe wilde Klamm. Tief unter uns gurgeln die Wassermassen über Felsvorsprünge und pressen sich durch enge Schluchten.

In Port Kent erreichen wir den Lake Champlain. Die Fähre verlässt gerade den Anleger. Wir müssen 1 Stunde bis 10:45 Uhr warten. Dann geht’s für 15 $ hinüber nach Burlington im Staat Vermont. Unbeschreiblich, mit welcher Wucht der Wind die See aufpeitscht und die Fähre in dichte Gischt hüllt. Wir sitzen fast die ganze Stunde, die die Überfahrt dauert, im Auto und lassen ab und zu den Scheibenwischer laufen, um einen Blick auf den See und das gegenüberliegende Ufer zu erhaschen.

Mit Vermont haben wir den ersten Neu-England-Staat im Osten der USA erreicht. Durch dichte Laubwälder geht’s bei wolkigem Himmel und ausgezeichneter Fernsicht gen Osten. Zunächst folgen wir bis Montpelier der Autobahn, um dann wieder auf die gemütliche Landstraße zu wechseln. Am Mollys Falls Pond legen wir eine kurze Picknickrast ein. Auch hier pfeift der Wind noch ganz intensiv, und wir müssen den Wagen als Windschutz ausrichten. Dafür entschädigt die einsame ruhige Landschaft am verträumten See. Bei St. Johnsbury erreichen wir wieder den Highway und passieren schon nach wenigen Minuten die Grenze zu New Hampshire.

Nichts los auf dem guten breiten Highway. Nur ab und zu begegnet uns ein Auto. Man merkt, dass wir weit ab von den großen Metropolen der Ostküste sind. Ob auf diesen breiten Straßen mitten durch die Wildnis jemals Verkehr herrscht? Wir erreichen die ‘Weißen Berge’ und den gleichnamigen Nationalpark. Bei Lincoln/ North Woodstock beschaffen wir uns wieder neues Informationsmaterial. Dabei erfahren wir, das wir hier in den nördlichen Apalachen durch ein riesiges waldreichen Skigebiet fahren. Allerdings überragen die höchsten Berge selten die 1.000-Meter-Marke.

Wir biegen auf die #112, den Kancamagus Highway, ab. Die Wald- und Berglandschaft ist einfach malerisch. Als wir dann bei Convay nach Norden Richtung Berlin abzweigen, passieren wir ein mehrere Kilometer langes Einkaufsgebiet. Jeder Hersteller von Bekleidung, Schuhen, Möbeln und natürlich auch Ramsch hat ein Einkaufszentrum errichtet, in dem direkt ab Fabrik verkauft wird, sogenannte ‘factory outlets’. Es herrscht reger Betrieb. Damit überbrückt man anscheinend die geschäftliche Sauregurkenzeit bis zur nächsten Wintersaison. Auch wir machen auf unserem Weg nach Jackson diverse Stopps. Es sind aber nicht die Preise, sondern wohl mehr das Image des Einkaufsparadieses, das diese Gegend zum Magneten für Besucher aus allen Gegenden des Landes macht.

In Jackson, einem kleinen Dorf in ländlicher Idylle am Rande der Durchgangsstraße, finden wir unser Quartier, das Wentworth Hotel. Es ist ein im englischen Landhausstil errichteter Fachwerkbau mit typisch englischem Flair. Die emaillierte Badewanne auf vier geschwungenen Füßen mitten im riesigen Badezimmer könnte sicher einige Geschichten aus der Pionierzeit Neu-Englands erzählen. Nach einem kleinen Spaziergang landen wir in einem 100 Jahre alten Pub zum Abendessen. Zuvorkommende Gastfreundlichkeit bei Pie und Ale runden die urige Atmosphäre des alten Hauses ab.

Tiefhängende Wolken und Nieselregen hindern uns an einem Abstecher zum höchsten Berg New Hampshires, dem Mount Washington, als wir schon vor 08:00 Uhr am nächsten Morgen wieder aufbrechen. Das Wetter wird immer schlechter, je weiter wir nach Osten vorstoßen. In Maine wird das Land wieder flacher. In Rumford wagen wir ein paar Schritte vor die Tür des Autos, schließlich müssen wir unseren Proviant wieder auffüllen. Das war es aber auch schon. Kurz vor Bangor müssen wir auf einem Parkplatz am Highway #95 unser Lunch im Auto machen. Unaufhörlich peitscht der Regen gegen die Scheiben. In irgendeinem Dorf lädt eine neu eröffnete Tankstelle mit Super-Niedrigpreisen. Tatsächlich, die Gallone kostet nur 1,09 $, sonst zwischen 1,25 und 1,35 $.

Das kann ja heiter werden, wir sind wirklich in die Ausläufer eines Hurrikans geraten. Gegen sonstige Gewohnheiten, ist er, aus der Karibik kommend, die ganze Ostküste der USA entlang gewandert, ohne sich auch nur etwas abzuschwächen. In Bar Harbor sitzen wir 2 Meter neben dem Eingang zur Reederei und kommen nicht aus dem Auto. Es schüttet wie aus Eimern.

Durchgeweicht bis auf die Haut halte ich dann aber doch unsere Tickets für die Fähre in Händen. Für eine Fahrt durch den Acadia Nationalpark sind die Umstände wahrlich nicht angebracht. Unser Hotel bietet uns dafür aber ein vorzügliches Zimmer. Der Balkon ist überdacht, so dass wir wenigstens die Tür öffnen können, auch wenn der Blick aufs grau verhangene, aufgepeitschte Meer nicht gerade fröhlich stimmt. Was soll’s, trübes Wetter muss ja nicht unbedingt trübe Gedanken hervorbringen. Wir ziehen unsere langen Regenkutten und Gummistiefel an und machen uns in Richtung Bar Harbor auf den Weg.

Je mehr es gießt, um so ausgelassener wird unsere Stimmung. Wir schlendern durch die kleine ansprechende Stadt. Christa kann es nicht lassen und probiert in einer Boutique noch eine schicke Bluse an, obwohl sie sich dafür komplett auspellen muss. Unsere Suche nach einem netten Lokal ist auch erfolgreich. In unserer Aufmachung werden wir zwar etwas blöd gemustert. Man lässt uns aber ein, zumal unter den Regenkutten einigermaßen zivilisierte Typen zum Vorschein kommen. Wir genießen unsere Meeresfrüchte und sind wieder einmal rundherum zufrieden. So geht es in Hochstimmung, wenn auch bei immer noch strömendem Regen wieder zurück.

Im Hotel stehen wir dann noch lange an der offenen Balkontür und lassen uns von der entfesselten Natur faszinieren. Mit vielem hatten wir gerechnet, aber nicht damit, dass uns hier oben die Ausläufer eines Taifuns erwischen würden. Hoffentlich kann morgen überhaupt eine Fähre auslaufen.

Um 04:45 Uhr (14.09.1996) sind wir auf den Beinen. Frühstück gibt’s auf dem Zimmer aus eigenen Vorräten. Der Hafen liegt unmittelbar neben dem Hotel, und wir können um 06:30 Uhr zügig auf die Fähre fahren. Es regnet immer noch ziemlich stark, aber der Wind hat nachgelassen. Nach 7 Stunden Fahrt erreichen wir wieder Kanada und legen um 15:00 Uhr, nein 16:00 Uhr - die Uhren werden wieder eine Stunde vorgestellt -, in Yarmouth auf Nova Scotia an.

Holzkirche von 1830 in Church Point/Nova Scotia Holzkirche von 1830 in Church Point/Nova Scotia © 1996-2017 Bernd Runde

Wir folgen der alten Küstenstraße (#1) nach Norden. Viele kleine Dörfer reihen sich aneinander. In Church Point machen wir kurz halt, um die größte Holzkirche Nordamerikas aus dem Jahr 1830 zu bewundern. Es ist Sonnabend, alle Geschäfte geschlossen und auch sonst ziemlich tote Hose, als wir in Digby ankommen. Es sind nur noch wenige Kilometer bis zum Hotel, das wir um 18:30 Uhr erreichen, als es gerade wieder anfängt, wie aus Kübeln zu schütten.

Wir haben einen herrlichen kleinen Bungalow direkt auf einer Anhöhe über der Bucht. Auch für den Gang zum nahegelegenen Restaurant brauchen wir wieder unsere Regenmäntel. Drinnen ist es gemütlich und anheimelnd warm. Hurrikan “Hortense” holt nur einmal kurz Luft, dann tobt er draußen mit unverminderter Kraft weiter. Im Fernsehen erfahren wir, dass im nahen Halifax, unserem morgigen Ziel, die Innenstadt wegen umgestürzter Bäume unpassierbar ist. Ich ziehe mich noch einmal an, und gehe ‘raus, um den Wagen unter dem großen Baum vor der Tür wegzufahren und ihn hinter dem Bungalow abzustellen.

(15.09.1996) Auf halbem Weg zur Südküste liegt der große Kejimkujik-Nationalpark. Ein großes Waldgebiet mit riesigen Seen und durchzogen von Flüssen und Bächen. Es ist ein herrliches Wander- und Wassersportgebiet. Auch wenn es aufgehört hat zu regnen, nach paddeln im geliehenen Kanu ist uns nicht. Den Gutschein in unseren Unterlagen lassen wir verfallen. Wir stromern 1 12 Stunden durch die Landschaft und vergessen die hektische Welt.

Über Bridgewater erreichen wir Lunenburg. Von dort folgen wir der abwechslungsreichen zerklüfteten Südküste auf kleinen Nebenstraßen. Mahone Bay an der gleichnamigen Bucht ist unsere erste Station. Die bunten Häuser der kleinen Orte reihen sich wie Perlenketten aneinander. Auf der #303 umrunden wir die letzte Halbinsel vor Halifax. Eine einmalige Faszination geht von der Brandung des Atlantik an den glattgeschliffenen riesigen Granitfelsen dieses Küstenabschnitts aus. Der kleine Fischerort Peggys’ Cove nimmt uns so gefangen, dass wir beschließen, im Sou’Western zum Lobsteressen einzukehren. Das Essen ist ein Hochgenuss. Wir haben Zeit und Raum vergessen.

Felsküste bei Peggys Cove/Nova Scotia Felsküste bei Peggys Cove/Nova Scotia © 1996-2017 Bernd Runde

Draußen ist es stockdunkle Nacht, als wir endlich um 20:00 Uhr aufbrechen. Für die letzten fünfzehn (15) Kilometer auf engen kurvigen Straßen benötigen wir dann auch 1 Stunde, ehe wir glücklich, aber geschafft unser Hotel in Halifax erreichen.

Es ist nur ein kurzer Marsch ins Zentrum der Stadt (16.09.1996). Bei strahlendem Sonnenschein, schließlich gibt es wieder etwas zu fotografieren, bummeln wir 2 Stunden durch die Stadt und den Hafen. Vom Umstand, dass heute eine lange Tour vor uns liegt, lassen wir uns nicht stören. Für die Weiterfahrt wählen wir dann allerdings den schnelleren Highway.

Im Zentrum von Halifax Im Zentrum von Halifax © 1996-2017 Bernd Runde

Bei ‘Salt Springs’ machen wir Picknick, gerade noch rechtzeitig, denn ab Truro fängt es wieder an zu regnen. Der Canso Causeway überquert die Strait of Canso, die die Insel Cape Breton vom Festland trennt. Den größten Teil der Insel bedeckt der Bras d’Or Lake, ein Süßwasser-See, obwohl er mehrere Verbindungen zum Meer hat. Wiesen und Wälder begleiten uns auf dem Weg am Seeufer entlang. In Big Pond reizt uns ein schmuckes Fachwerk-Landhaus zur Einkehr. So sitzen wir um 05:20 Uhr in Ritas’ Tea House bei einem Kännchen original englischem Tee und leckerem Heidelbeerkuchen. Rita McNeill ist eine in Kanada bekannte Sängerin.

Nach unserer Ankunft in Sydney machen wir noch einen Abendspaziergang durch die allerdings recht uninteressante Stadt. Zum Essen kehren wir bei Smooth Herman’s ein. Es ist ein urig eingerichtetes Haus, in dem nur die Gäste und ihre Bekleidung signalisieren, dass man sich nicht mehr in der Zeit der ersten Pioniere befindet.

Wir brechen auf (17.09.1996), um das nordwestliche Ufer des Bras d’Or Lake zu erkunden. Es ist eine landschaftlich schöne und abwechslungsreiche Gegend, durch die wir fahren. Leider reißen die dichten Wolken aber nicht auf, um Wälder und Berge aus dem trüben Grau herauszuheben. Wir fahren eine halbe Stunde, um festzustellen, dass die Straße zwar ziemlich dicht am See entlang führt, aber selten gibt es einen freien Blick auf den malerisch gelegenen See. Sollten wir uns in die verkehrte Richtung bewegen? Zurück nach Sydney, das uns im strahlenden Sonnenschein empfängt.

Die ersten Boten des nahenden Herbstes Die ersten Boten des nahenden Herbstes © 1996-2017 Bernd Runde

Der Himmel im Osten erscheint wolkenlos und strahlend blau. Das ist Einladung genug, um den geplanten Ausflug dann Richtung Osten fortzusetzen. Nach 23 Kilometern sind wir in Louisbourg, einem verträumten kleinen Nest, das von seiner historischen Vergangenheit zu leben scheint. Allenthalben wird auf die nahe Festung hingewiesen. Da dort aber nur geführte Touren veranstaltet werden, steht uns nicht der Sinn nach einem Besuch.

Wildgänse ziehen nach Süden Wildgänse ziehen nach Süden © 1996-2017 Bernd Runde

Wir suchen in der Nähe des Leuchtturms ein lauschiges Plätzchen. Hier auf einer Landzunge, die die dem Ort vorgelagerte Bucht vom Meer abtrennt, haben wir eine herrliche Rundsicht und freien Blick auf das von dicken Mauern umgebene Fort. Am blauen Himmel ziehen mit lautem Geschrei die Wildgänse nach Süden. Nach einem ausgiebigen Picknick brechen wir bei immer noch strahlendem Sonnenschein wieder auf. Diesmal folgen wir der nördlichen Küstenstraße über Main-à-Dieu und Port Morien. Den Tagesabschluss bildet ein Diner-Büffet in unserem Hotel.

Hummerfischer im Hafen von Louisbourg Hummerfischer im Hafen von Louisbourg © 1996-2017 Bernd Runde

18.09.1996 Nur einzelne Wolken und Nebelfelder über den vielen Seen und Buchten begleiten uns auf dem Weg zur Fähre bei Englishtown. Wir sind auf dem Weg zum nördlichsten Zipfel von Cape Breton. Die herrliche Panoramastraße führt direkt an der zerklüfteten Küste entlang, ‘mal direkt am Meer, dann wieder ansteigend auf die schwindelerregenden Höhen der felsigen Steilküste.

Der Hafen bei 'Little River' Der Hafen bei ‘Little River’ © 1996-2017 Bernd Runde

Am Keltic Resort gönnen wir uns 1 12 Stunden für einen ausgedehnten Spaziergang zum Middle Head. Ein schmaler Trampelpfad führt durch dichten Wald und offene Hochmoorzonen. Der Middle Head ragt weit in den brausenden Atlantik hinein. Bäume und Sträucher sind vom Sturm zerzaust und niedrig gewachsen. Unter uns bevölkern unzählige Kormorane und Seelöwen die kleinen vorgelagerten Eilande, an denen sich die heute allerdings sehr ruhige See bricht.

Am 'Middle Head' beim Keltic Resort Am ‘Middle Head’ beim Keltic Resort © 1996-2017 Bernd Runde

Einige Kilometer weiter finden wir am Warren Lake einen einsamen Picknickplatz. Die Abdrücke von Elchhufen im nassen Ufersand erinnern uns wieder daran, dass wir mitten in der Wildnis sind. Wir machen also genügend Geräusche, um jedem Bären zu signalisieren, dass Menschen in der Nähe sind.

Der Ahorn signalisiert es - der 'Indian Summer' steht vor der Tür Der Ahorn signalisiert es - der ‘Indian Summer’ steht vor der Tür © 1996-2017 Bernd Runde

Die Fahrt geht dann weiter über Lakies Head, Neils Harbour und Smelt Brook. Es ist so einsam und romantisch hier oben, dass wir, unbeschadet der eventuell nötigen Zeit, beschließen, noch bis zum äußersten nördlichen Zipfel von Cape Breton Island zu fahren. So landen wir zunächst in Bay St. Lawrence und dann in Meat Cove. Beides nur noch spärlich besiedelte ehemalige Walfänger-Stationen. Vielleicht sind die wenigen Leute, die wir sehen auch Sommergäste, die sich nur zur Erholung, zum Fischen und zur Jagd hier oben aufhalten. Obwohl landschaftlich einmalig gelegen, fehlt beiden Orten das gewisse Etwas, um sich länger aufzuhalten. Sowohl den kleinen Hütten wie den vielen kleinen Boote fehlt etwas frische Farbe, sie sind verwittert und nahe dem Verfall.

Ein Fuchs in wildromantischer Einsamkeit Ein Fuchs in wildromantischer Einsamkeit © 1996-2017 Bernd Runde

Die Fahrt zurück führt uns durch das wildromantische Aspy-Tal. An einem Waldstück mit wunderschönem Ahornbestand machen wir noch einen Bummel durch das Aspy-Tal zu einem kleinen Wasserfall. Ab Pleasant Bay, hoch oben in den unzugänglichen Bergen trottet ein riesiger Grizzly über eine Lichtung, stößt die Panorama-Straße wieder bis zum Meer vor. Kurz hinter Chéticamp kehren wir in einem kleinen farbenfrohen Holzhaus zum Abendessen ein. Der Raum ist privat eingerichtet und fasst höchstens 10 Gäste. Wir werden mit Hausmannskost verwöhnt.

Als wir aus dem Haus treten, ist es bereits stockdunkel und es beginnt wieder fürchterlich zu gießen. Kein Wunder, dass wir ‘mal wieder etwas länger brauchen, um unser Hotel zu finden. Kein Schild an der Straße gibt irgendwelche Auskunft. Nach drei Versuchen finden wir dann endlich jemanden, der den Weg so beschreibt, dass wir unser Ziel erreichen. Es ist inzwischen 20:30 Uhr geworden. Wir beziehen einen komfortablen Bungalow und sitzen zum Tagesausklang noch auf der regengeschützten Terrasse.

Die Nacht ist stürmisch und regnerisch. Am Morgen (19.09.1996) strahlt dann aber wieder die Sonne. Wir wollen noch einmal zurück zur Küste, von der wir gestern so wenig gesehen haben. Wir nehmen allerdings die Nebenstrecke über East Margaree auf der östlichen Tal-Seite des ‘North East Margeree’. Eine wunderbare Landschaft, in der intensiv Landwirtschaft betrieben wird. Über mehrere kleine Dörfer erreichen wir bei Belle Côte wieder die Küste. Über den Cabot Trail erreichen wir den schmalen Damm, der Chéticamp Island mit dem Festland verbindet. Von hier hat man einen herrlichen Blick auf die Küste mit der Silhouette der kleinen Stadt Chéticamp. Seeschwalben, Möwen und Kormorane streichen über das Wasser und landen gekonnt auf Felsklippen und Inseln, um nach wenigen Minuten zu ihrem nächsten Flugmanöver zu starten. Leider wurde unsere Hoffnung, dass auch die letzten Wolken verschwinden, enttäuscht. Es zieht sich immer mehr zu und ab Mittag beginnt es wieder heftig zu gießen. Unser Picknick müssen wir im Auto einnehmen.

Auf der Rückfahrt drehen wir noch eine Schleife durch Margaree Harbour und finden dann im Margaree Valley noch eine Ansammlung von Ahornbäumen, deren Laub schon kräftige Herbsttönung angenommen hat. Zum Abendessen haben wir uns einen Tisch reservieren lassen. Auch wenn die Preise gepfeffert sind, gönnen wir uns ‘mal wieder ein exklusives Dinner. Auch der letzte Tag auf Nova Scotia will schließlich gefeiert werden.

Wieder strahlt am Morgen (20.09.1996) die Sonne. Die Wälder am Bras d’Or Lake beginnen schon, ihr Laub herbstlich zu verfärben. Am nordöstlichen Ufer des Sees fahren wir zurück aufs Festland. Kurz nach 11:00 Uhr erreichen wir Caribou, den Fährhafen von Pictou. Am Ende einer langen Schlange wartender Autos wird uns eröffnet, dass eine Fähre ausfällt und wir frühestens gegen 14:00 Uhr verladen werden können. Glück muss man haben, als letztes Auto winkt man uns aus der Reihe heraus, als die 12:30-Fähre beladen wird. Unser Kleinwagen passt noch genau hinter die Ladeluke.

Von Ferne grüßt die Kirche von Little Sands/Prince Edward Island Von Ferne grüßt die Kirche von Little Sands/Prince Edward Island © 1996-2017 Bernd Runde

So legen wir schon 14:00 Uhr in Wood Islands auf Prince Edward Island an, und fahren nicht erst von Nova Scotia ab. Das ist eine angenehme Zeit, um auf einem Umweg ins Hotel nach Charlottetown zu fahren. Wir folgen der Küste über Murray Harbour, Gasperaux, St. Andrews Point bis Montague. Dort machen wir einen kurzen Einkaufsstopp, ehe es auf direktem Weg über Southport zum Hotel geht. Dort erwartet uns eine neuerliche Überraschung. Mit der Ankündigung, “Wir haben eine freudige Überraschung für Sie”, versucht man uns die wegen Überbuchung notwendige Verlegung in ein Privatquartier schmackhaft zu machen. Wir sind stocksauer, aber es hilft nichts.

Mit einem Gutschein für ein Dinner in der Tasche suchen wir unser Ersatzquartier. Die Villa Hillhurst liegt etwas abseits in einem parkähnlichen Ortsteil. Die Stadt ist allerdings noch gut zu Fuß zu erreichen. Auf der Suche nach einem ansprechenden Restaurant stoßen wir auf die Gruppe junger Leute, die wir vor Tagen im Kejimkujik-Nationalpark getroffen hatten. Auch sie berichten von Problemen im Hotel. Obwohl sie einen Tag vor uns eintrafen, hat man sie wegen angeblicher Überbelegung in ein Privatquartier ausgelagert. Nach langer Suche landen wir zum Abendessen in einem orientalischen Restaurant, dem Baba’s.

(21.09.1996) Eine der auf P.E.I. (Prince Edward Island) ausgewiesenen Touren ist der sogenannte ‚Blue Heron Trail‘ im Westen der Hauptinsel. Im Victoria Provincal Park, kurz vor Crapaud, lassen wir uns den kühlen Morgenwind um die Nase wehen. Wir liegen im Schutz kleiner Dünen im Gras und beobachten Graureiher, die im flachen Wasser des schmalen Wattstreifens vor der Küste nach ihrem Frühstück Ausschau halten. Von hier geht es nach Norden. In Indian River steht eine romantische alte Holzkirche. Die vielen runden Türme verleihen dem Gebäude das Aussehen eines alten Märchenschlosses.

Malpeque Harbour an der Nordküste/P.E.I. Malpeque Harbour an der Nordküste/P.E.I. © 1996-2017 Bernd Runde

Malpeque Harbour an der Nordküste ist ein kleines Fischerdorf. Die bunten Boote und Bootsschuppen strahlen eine wohltuende Ruhe aus. Die Abgeschiedenheit, die Straße dorthin ist eine rauhe Gravelroad, des kleinen Nestes ist so richtig nach unserem Geschmack. Am Cabot Beach Provincial Park finden wir auf einer roten Sandsteinklippe einen windgeschützten Picknicktisch. Genau der richtige Platz, um uns in gewohnter Art mit unseren Vorräten breit zu machen.

Über French River folgen wir dann weiter der Nordküste. Im westlichen P.E.I.-Nationalpark bei Cavendish wandern wir zwei Stunden lang durch die Moor- und Heidelandschaft in unmittelbarer Küstennähe. Nach 10 Stunden sind wir wieder im Hotel. Dort bereiten wir uns auf den Besuch unseres ursprünglich reservierten Hotels vor. Schließlich wollen wir den Dinner-Gutschein, den man uns für die erlittenen Unannehmlichkeiten überreichte, nicht verfallen lassen. In gediegener Atmosphäre, in einem riesigen holzgetäfelten Prunksaal des alten Hotels, genießen wir ein vorzügliches Abendessen.

Auch das Frühstück am folgenden Morgen (22.09.1996) resultiert noch aus einem Gutschein. Es ist zwar alles etwas umständlich, aber schließlich wollen wir die Geschenke, von denen wir glauben, dass man sie uns nur zur psychologischen Beruhigung überreicht hat, wenigstens gebührend ausnutzen.

Um 08:00 Uhr verlassen wir Hillhurst. Den Tag wollen wir mit dem östlichen Teil des sich an der Küste hinziehenden P.E.I.-Nationalparks beginnen. Wir fahren gen Norden. In Brackley erreichen wir die Küste. Hinter hohen Sanddünen führt die Straße parallel zum Ufer und trennt den bewaldeten Parkbereich von der sandigen Uferzone. Viele Spaziergänge führen uns durch dichte Kiefernwälder und vorbei an kleinen verschwiegene Seen. Zur Tracadie Bay finden wir eine einsame Zufahrt und landen direkt am Ufer. Es wäre ein idealer Platz für ein Picknick in freier Natur, nur leider treiben uns unzählige Fliegen zurück ins Auto.

Natur zum Genießen Natur zum Genießen © 1996-2017 Bernd Runde

Auf schmalen Straßen quer durchs Land suchen wir unseren Weg zurück nach Brackley, zu unserem nächsten Quartier. Es ist ein altes Landhaus, das zu einem großen Bauernhof gehört. Ein in der Nähe gelegener See lockt zu einem Spaziergang. Dort beobachten wir Kraniche und erfreuen uns am Treiben der Seevögel im milden Licht der untergehenden Sonne.

Mit einem kleinen Frühstück (23.09.1996) im Hotel geht unser Aufenthalt auf Prince Edward Island zu Ende. Da wir nur etwas über eine Stunde zur Fähre brauchen, brechen wir erst um 08:45 Uhr auf. Es ist kalt und bewölkt. Die sich allmählich verfärbenden Laubwälder künden vom nahenden Herbst. Auch für diese Fähre gibt es keine Reservierungen. Für 35,50 kan$ erstehen wir ein Ticket und fahren direkt an Bord. Die Preisgestaltung des Fährbetreibers hat ihren ganz besonderen Reiz: Die Fährüberfahrt nach P.E.I. ist kostenlos, nur das Verlassen der Insel kostet etwas.

Nach einer ruhigen Überfahrt erreichen wir um 11:15 Uhr New Brunswick. Die Fähre legt in Cape Tormentine an. Eine gut ausgebaute Straße führt zunächst durch monotones Brachland, dann der Küste folgend durch kleine Straßendörfer und landwirtschaftlich genutztes Gebiet nach Moncton. Auffällig entlang der sogenannten Route L‘acadie ist die Präsentation französischer Gesinnung. Hauswände, Blechfässer und Strommasten prangen in aufreizendem Blau-weiß-rot. Auf der nördlichen Stadtumgehung, einer gut ausgebauten Stadtautobahn, umfahren wir Moncton. Entlang eines tief eingeschnittenen breiten Tals führt die ‚114’ zum Hopewell Cape. Die schlammbedeckten Ufer des Tals deuten auf sehr niedrigen Wasserstand hin. Dieser Umstand ist der Grund für unseren Ausflug. Bei ‚The Rocks‘, einem Aussichtspunkt am Kap, gewinnt man einen Eindruck von den Wassermassen, die bei Flut durch die Bay of Fundy in diese enge Schlucht gedrückt werden, um dann bei Ebbe wieder abzufließen. Die ausgewaschene Felsformation der ‚rocks‘ zeigt eindrucksvoll den bis zu 18 (!) Meter betragenden Tidenhub.

'The Rocks' am Hopewell Cape ‘The Rocks’ am Hopewell Cape © 1996-2017 Bernd Runde

Einige Kilometer weiter befindet sich der Fundy Nationalpark. Über Alma fahren wir zum Dickson Fall, der Herring Cove und zum Point Wolfe River. Da immer noch Ebbe ist, lassen sich an der Flussmündung die Reste des einstigen Holzhafens noch gut erkennen. Heute sind die meisten Relikte aus der Pionierzeit als bewahrenswerte Kulturgüter der Nationalpark-Verwaltung unterstellt.

Für die Rückfahrt nach Moncton brauchen wir 1 12 Stunden. Unser Hotel liegt mitten in der Stadt. Zum Abendessen finden wir ein urgemütliches Pub in typisch altenglischem Stil. Essen und Trinken gut und preiswert. Wir verplaudern den ganzen Abend. Als wir spät ins Hotel kommen, muss noch schnell ein Fax zu Hannelores Geburtstag ‘raus.

(24.09.1996) Die Wolken der letzten Tage sind verschwunden. Bei strahlend blauem Himmel setzen wir unsere Fahrt auf dem Trans-Kanada-Highway durch die Provinz New Brunswick fort. Durch herbstlich verfärbtes Hügelland und das Tal des St. John River erreichen wir um 11:00 Uhr das malerische Fredericton, die Hauptstadt von New Brunswick.

Unterwegs nach Fredericton Unterwegs nach Fredericton © 1996-2017 Bernd Runde

Über 1 12 Stunden schlendern wir durch breite Alleen der Innenstadt. Viele alte Backsteinbauten und Herrschaftshäuser mit imposanten Säuleneingängen beherrschen das Stadtbild am Ufer des mächtigen St. John.

Herrschaftshäuser in Fredericton Herrschaftshäuser in Fredericton © 1996-2017 Bernd Runde

Der Fluss begleitet uns auch auf den nächsten 200 Kilometern. Bei Woodstock finden wir einen herrlichen Picknickplatz. Im satten Grün der Uferböschung haben sich einige Hundert kanadische Graugänse auf ihrem Weg nach Süden zur Rast niedergelassen.

Kanadische Graugänse Kanadische Graugänse © 1996-2017 Bernd Runde

Das ist wieder reichlich Futter für die Kamera. Mit vielen Fotostops im reichen landwirtschaftlich genutzten Tal, folgen wir dem Fluss stromaufwärts. Überall ist die Kartoffelernte in vollem Gang und die Schlote der Pommes-Frits- und Chip-Fabriken qualmen. Nordamerikas längste gedeckte Holzbrücke bei Hartland ist wegen Renovierungsarbeiten leider nur von weitem zu bewundern.

Nordamerikas längste gedeckte Holzbrücke bei  Hartland Nordamerikas längste gedeckte Holzbrücke bei Hartland © 1996-2017 Bernd Runde

Ab Grand Falls macht sich erneut der Einfluss des nahen Québec bemerkbar. Fast alle Häuser tragen Spitzdächer und private Beschilderungen jeder Art sind in französischer Sprache. Erst sehr spät, es wird schon dunkel, erreichen wir unser heutiges Etappenziel, Rivière-du-Loup am Sankt-Lorenz-Strom.

Indian Summer am Saint John River Indian Summer am Saint John River © 1996-2017 Bernd Runde

(25.09.1996) Waren es bisher nur einzelne Orte, so sind wir jetzt mitten im französisch geprägten Québec. Lange wandern wir durch die winklige Innenstadt von Rivière-du-Loup. Das Informationsbüro macht erst am nächsten Tag um 09:00 Uhr wieder auf. Wir brauchen noch einiges Material, das wir an der Grenze gestern Abend, wegen der späten Ankunft, nicht mehr besorgen konnten. Für die Fahrt nach Québec wählen wir die Landstraße #132, die überwiegend direkt am Ufer des St.-Lorenz-Stromes entlangführt. Über die kleinen französisch anmutenden Orte Notre-Dame-de-Portage und Kamouraska fahren wir durch das intensiv landwirtschaftlich genutzte Urstromtal des mächtigen Flusses.

Dieses Land muss manch einem unermesslichen Reichtum beschert haben, wie die zum Teil prachtvollen Villen vermuten lassen. Für die zweite Hälfte der Strecke nehmen wir dann doch den Highway, um etwas schneller voranzukommen. Bei strahlendem Sonnenschein erreichen wir Levy (Lévis) am rechten Flussufer direkt gegenüber der auf einem imposanten Felsmassiv thronenden Stadt Québec. Wir lassen unser Auto stehen und setzen mit der Personenfähre nach Québec-City über. Französischer geht‘s wirklich nicht. Die Unterstadt erscheint wie die Kopie von Mt.-Saint-Michel. Die Prachtbauten der City könnten allesamt in Paris stehen oder von dort herüber geschafft worden sein. Bei den durch die Straßen zwischen Denkmälern (Statue von Chablain), Prachthotels, Palästen und Kirchen aus grauem Granit flanierenden, wandernden oder hetzenden Menschenmassen, scheint es sich allerdings überwiegend um Touristen aus aller Welt zu handeln.

Chablain-Statue in Quebec Chablain-Statue in Quebec © 1996-2017 Bernd Runde

Die letzten 250 Kilometer durcheilen wir mit Highway-Tempo. Allerdings immer strikt nach Vorschrift, auch wenn sich um Québec-City und später Montréal die gleiche Hektik breitmacht, wie im Umfeld unserer Großstädte in der Heimat. Die letzten ca. 30 Kilometer geht es durchs Stadtgebiet der Metropole. Auf unserem Stadtplan sind nur die Hauptstraßen eingetragen und wir fahren aufs Geratewohl in die Innenstadt, um unser Hotel zu suchen. Schon von weitem leuchtet uns das Schild ‚Holiday Inn‘ entgegen und wenige Minuten später stehen wir in der Tiefgarage unseres Quartiers. Leider stellt sich dann heraus, dass es zwei Holiday Inns in Montréal gibt, und wir natürlich das verkehrte erwischt haben. Mit einer exakten Beschreibung in der Tasche, ist der Weg ins ‚Holiday Inn Select‘ aber nur noch Formsache. Mitten im Chinesenviertel finden wir den völlig im chinesischen Stil erbauten Prachtbau. Hier erleben wir den Einfluss der flüchtigen Hongkong-Dollars. Gebäude, Ausstattung, Personal und Service, wir könnten auch in Shanghai sein. So nimmt es natürlich nicht Wunder, dass wir unseren Abendspaziergang kreuz und quer durch Chinatown machen und anschließend original chinesisch essen gehen.

Uferpromenade in der Altstadt von Montreal Uferpromenade in der Altstadt von Montreal © 1996-2017 Bernd Runde

(26.09.1996) Der Verkehr, knappe überfüllte Parkplätze und an Ausbeutung grenzende Preise in den Parkhäusern, bewegen uns, den Wagen gar nicht erst aus der Garage zu holen. Wir starten zu Fuß zur Stadterkundung. Die Altstadt ist nicht weit entfernt. Am Rathaus (Hotel de Ville de Montreal), dem Marché Bonsecours, der Kirche ‘Chapelle-Notre-Dame-de-Bon-Secours’ vorbei gelangen wir zu dem von einem alten Uhrenturm beherrschten Hafen. Hier wurde vieles zu öffentlichen Anlagen und Parks umgestaltet. Der besondere Reiz liegt allerdings darin, dass man fast von jedem Platz aus die Silhouette der Stadt vor Augen hat. Zwischen all den Hochhäusern wirkt die Kuppel der Basilika ‚Notre Dame‘ recht verloren. Die prachtvolle Ausstattung und die warme Atmosphäre verleihen dieser Kathedrale jedoch eine ganz besondere Ausstrahlung.

Bonsecours Basin Park mit Stadtsilhouette Bonsecours Basin Park mit Stadtsilhouette © 1996-2017 Bernd Runde

Ein gutes Stück Fußmarsch entfernt gibt es noch das eigentliche Altstadt-Viertel rund um die Universität. Das Zentrum ist der riesige Einkaufskomplex von Eatons. Dort finden wir auch wieder ein Food-Centre fürs Lunch. Vom UQAM (University Square) fahren wir mit der Metro auf die Ile Sainte Hélene. Rund um das alte Fort verbringen wir den Nachmittag in dem zur Weltausstellung angelegten Park. Der Blick über den mit gewaltiger Strömung dahin schießenden Fluss auf die Silhouette der Stadt ist faszinierend.

(27.09.1996) Bei der Weiterfahrt folgen wir dem Lauf des Ottawa River auf der #17 durch Ontario. Die Route führt durch landschaftlich wenig reizvolles Gebiet direkt in die Bundeshauptstadt Ottawa. Eine Stunde kostet uns der Umweg, den wir machen, weil die Beschilderung ins Stadtzentrum nicht ganz eindeutig ist. Unser Hotel ist ein altenglischer Fachwerkbau in unmittelbarer Nähe zur City. Um 14:00 Uhr brechen wir zum Stadtbummel auf. Inzwischen hat sich das Wetter aber erheblich verschlechtert. Aus den dicken schwarzen Wolken beginnt es unangenehm zu nieseln. Zu einem Bummel über den riesigen Komplex der Regierungsgebäude auf dem Parliament Hill reicht es aber noch. Während des Rückweges durch die Sparks Mall vertreibt allerdings ein fast tropischer Regenguss die Menschen aus der breiten Fußgängerstraße. Zum Abendessen gehen wir in das dem Hotel angeschlossene Restaurant.

Der erste Tag (28.09.1996), an dem es schon bei unserer Abfahrt um 08:15 Uhr regnet. Die Fahrt geht westwärts über Renfrew durch ländliches Gebiet im herbstlich bunten Blätterkleid. Nur, viel ist von dieser Pracht nicht zu sehen. Ab Renfrew gießt es in Strömen und die schmalen Landstraßen erfordern volle Konzentration. Die Landschaft, durch die die #60 führt, wird immer malerischer. Schon weit vor dem Algonquin Provincal Park erleben wir „Indian Summer“ nach unseren Vorstellungen.

Herbst in Kanada - Indian Summer Herbst in Kanada - Indian Summer © 1996-2017 Bernd Runde

Herbst in Kanada - Indian Summer Herbst in Kanada - Indian Summer © 1996-2017 Bernd Runde

Die 50 Kilometer lange Tour durch den Park ist ein wahrer Rausch von Herbstfarben. Im ständigen Wechsel von zartgelb bis violettrot erstrahlen die Bäume links und rechts der Straße. Als wir den Two River Lake erreichen, hört es plötzlich auf zu regnen. Wir ziehen mit unserem Gepäck an einen Campingtisch direkt am See. Es ist eisig kalt, aber wir freuen uns, inmitten dieser malerischen Natur an der frischen Luft zu sein. Fast zwei Stunden sind wir dann auf einem Trail über Stock und Stein zum Jack Lake unterwegs. Es ist geradezu himmlisch in dieser Einsamkeit. Es folgt noch ein kurzer Abstecher zum Pech Lake. Um 18:00 Uhr erreichen wir unser Hotel in Hidden Valley kurz vor Huntsville.

Herbst in Kanada - Indian Summer Herbst in Kanada - Indian Summer © 1996-2017 Bernd Runde

Herbst in Kanada - Indian Summer Herbst in Kanada - Indian Summer © 1996-2017 Bernd Runde

Auch am nächsten Morgen (29.09.1996) regnet es anfänglich noch etwas. Als der Himmel dann wieder aufreißt, sieht es aber gar nicht mehr so trostlos aus. Wir fahren eine malerische Strecke über die #35. Der Indian Summer ist eingekehrt und eine Unzahl von kleinen und großen Seen tun ein Übriges, um diese Fahrt zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen. Ab Norland ändern wir dann unsere Richtung und steuern das Endziel dieser Reise an, Toronto.

In Toronto ziehen wir gleich wieder los zu einem Abschiedsbummel durch die Innenstadt und bis hinaus nach Yorkville. Den Rest des Abends verbringen wir damit, unser Gepäck wieder reisefertig zu machen.

Abschied von Toronto Abschied von Toronto © 1996-2017 Bernd Runde

Am nächsten Morgen (01.10.1996) brechen wir früh auf. Viel Zeit vergeht noch bei der Suche einer Tankstelle. Der Wagen muss vollgetankt abgegeben werden. Dann sitzen wir in einem City-Hopper, der uns über Syracuse nach New York bringt. Von dort geht es dann im Direktflug nach Frankfurt, wo wir mit 1 Stunde Verspätung am 2. Oktober wieder landen.